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Donnerstag, 17. Juni 2010

bad and good news

Vergangenen Montag gab's einen kurzen Schock für uns. Aaron hatte am Wochenende verstärkt gehustet, weshalb ich unseren Hausarzt bat, ihn kurz abzuhorchen, damit wir nichts übersehen. Der kam auch wirklich vorbei, hielt kurz sein Stetoskop an Aarons Rücken und sagte: "Das ist eine Lungenentzündung, das hör ich gleich." Nicht schon wieder, durchfuhr es mich. Aaron weinte, nachden der Arzt gegangen war und ich ihm sagte, wir müssten ins Spital fahren ("Ich will aber nicht ins Krankenhaus!") und nachdem ich ihn getröstet und er es schließlich akzeptiert hatte, wurde ich selbst total grantig. ICH WILL NICHT!! schrie es förmlich in mir NICHT SCHON WIEDER!!! Weil es ja unwahrscheinlich war, dass wir am selben Tag noch nach Hause dürften, packte ich eine Tasche. Danach warteten wir unendlich lang auf die Rettung. "Wenn der jetzt Fieber hätte..." ging es mir durch den Kopf, denn in so einem Fall müssten wir ja SOFORT ins Spital. Miriam war auch den Tränen nahe, als wir uns verabschiedeten.

Die Fahrt in dem alten, klapprigen Rettungswagen war erschöpfend mühsam, Aaron schlief auf meinem Schoß ein. Im St.Anna angekommen wurde gleich ein Lungenrhöngten gemacht, und Blut abgenommen, und bald danach kam die gute Nachricht. Es ist keine Lungenentzündung, nur eine leichte Bronchitis. Die Station war völlig überfüllt, auch im Spielzimmer saßen noch mehrere Kinder mit Infusionen, die tagesklinisch betreut wurden, nachdem die Tagesklinik schon geschlossen hatte. Ich wartete mit Aaron im Elternzimmer auf den Blutbefund und weitere Informationen. Diese waren schließlich höchst erfreulich. Wir dürfen wieder heim. Blutbild ist "wunderschön". Antibiotikum nicht notwendig, auch die anderen Medikamente dürfen großteils abgesetzt werden. Wegen der Bronchitis muss Aaron 4x täglich inhalieren (mit so einem Inhalationsgerät, durch das man 10x ein und ausatmen muss, das macht er schon wieder recht brav, obwohl er sich anfangs wieder davor gefürchtet hatte) und das Eusaprim, das er immer Montag bis Mittwoch entweder als grauslich-künstlich nach Bananen schmeckenem Saft oder als Tablette einnehmen muss bleibt uns erhalten. (Gerade das unangenehmste von all den Medikamenten wird er das ganze kommende Jahr weiternehmen müssen, naja, soll so sein.) Auch die Beta-Isodona-Mundspülung wurde abgesetzt. Aaron darf ab sofort wieder richtig Zähne putzen.

Am Dienstag nahm ich das zum Anlass, mit Aaron gemeinsam eine Zahnbürste kaufen zu gehen. Das erste mal seit letzten Winter durfte er wieder in den Ort, und er durfte sogar mit seinem Laufrad fahren. Ich nahm Simons Roller, Aaron "radelte" stolz hinter mir her, Helm am Kopf, Handschuhe an den Händen. Weniger Medikamente und wieder Zähne putzen, das ist ein Schritt zurück zur Normalität, dachte ich an diesem Morgen. Dann aber kamen mir meine eigenen Gedanken komisch vor, denn das Schlucken der Medikamente war eigentlich bereits so normal geworden, dass es wieder ungewohnt ist, es nicht tun zu müssen. Auch Aaron unterstrich diesen Gedanken, als er fertig angezogen vor der Haustür stand und "Handschuhe!" rief, bevor er sich getraute, sein Rad zu berühren. Für ihn ist es bereits normal geworden, dass er draußen ohne Handschuhe nichts angreifen darf.

Aaron freute sich total über den "Ausflug". "Da gaht's zur Christl!" rief er, als wir an der Abzweigung zur Tagesmutter vorbei fuhren, und "Da kauft die Christl immer Wurst" beim Fleischer. Also stieg ich mit ihm ab und wir gingen seine Lieblingswurst kaufen, was ich allerdings gleich bereute, als mir klar wurde, dass die Fleichhauerin zwar wie gebeten, den Anschnitt weglegt, abe dann doch jedes einzelne Radl Wurst in die Hand nahm, mit der sie danach auch das Geld entgegen nahm. Eigentlich hätte ich Aaron die Wurst nicht geben dürfen, hatte es ihm aber schon versprochen. Also schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel und ließ sie ihn essen. Beim Schlecker freute sich die Verkäuferin auch, Aaron endlich wieder einmal zu sehen, und er half mir begeistert, die Sachen zusammenzusuchen, die wir brauchten, zuallererst natürlich zwei neue Zahnbürsten für ihn selbst.

Am Rückweg musste ich noch Geld abheben, und da wir dagei gleich vor Aarons Kindergarten standen, spähten wir ein wenig durch die Glastür in den Garten, wo sich die Kinder aufhielten. Schließlich holte eine Kindergärtnerin Aarons Gruppe an die Tür, damit er sie (und sie ihn) wiedermal sehen konnte. Wie erwartet war dieses Zusammentreffen nicht ganz einfach. Hinter der Tür standen reihenweise Kinder mit aufgerissenen Augen und Mündern, die den Aaron wahrscheinlich kaum mehr erkannten, ohne seine langen Locken, und so schmal im Gesicht, wie er geworden ist, und auf der anderen Seite der Scheibe stand ein stummer Aaron, der mir beim weggehen ganz verzweifelt zuflüsterte: "Ich kenn die Kinder nicht", denn auch sie waren sicherlich größer geworden, und Aaron hatte sie schließlich länger nicht gesehen, als er sie vorher gekannt hatte. Aber nachdem wir das Rad geholt hatten, machten die Kindergärtnerinnen noch die Tür auf und alle Kinder schrien ganz laut "Tschüss Aaaron!" heraus, und auf ein leise noch lauter" der Kindergärtnerin dann "TSCHÜÜÜSSSSS, AARON !!!" Das entspannte die Situation vollends. Aaron grinste über das ganze Gesicht, so freute er sich. Und dieses Gefühl nahm er mit nach Hause. Er wird sich neu intergrieren müssen im Herbst, aber ich denke, er wird es schaffen. Die Kindergärtnerinnen sind sehr bemüht, und auch wenn Aaron im Umgang mit Kindern derzeit sicher schüchtern ist, so hat er doch auch sozial einiges profitiert. Im Spital hat er täglich mit vielen Erwachsenen zu tun, immer wieder neue Gesichter und Namen. Ganz ungeniert fragt er mitlerweile jeden: "Wie heißt du?" Die Personen merkt er sich aber sehr gut anhand dessen, was sie beim letzten Mal mit ihm gespielt oder gesprochen haben. Er weiß zum Beispiel genau, welche Schwester ihm welches Bild auf das Katheder-Pflaster gemalt hat.

Am Mittwoch war dann wieder der EOP bei uns. Die Werte sind weiterhin schön. Nächsten Montag geht's dann wieder los. Lumbalpunktion in der Tagesklinik, und in den darauffolgen Tagen wir die Strahlentherapie losgehen.

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