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Montag, 21. Juni 2010

letzte Hürde

Wir sind wieder in der Tagesklinik. Lumbalpuntion. Aaron hat sich die Decke über den Kopf gezogen und ist eingeschlafen. Die Narkose war heute irgendwie anders als sonst. Propofol ist ein Knock Out - Mittel, das geht immer ganz schnell, aber normalerweise sackt er einfach in sich zusammen (wir achten auf seinen Kopf, legen ihn hin, und die Anäthesistin kommt mit dem Beatmungs-"Luftballon"). Aber heute hustete und würgte er, als er das Propofol in die Blutbahn gespritzt bekam, als müsse er sich übergeben. Ich hab trotzdem schnell das Behandlungszimmer verlassen, aber mit keinem so guten Gefühl. Es ist alles gut gegangen. Die Anästhesistin hat ihm zur Sicherheit etwas weniger Narkotikum gespritzt, dafür bekam er anschließend noch ein Schmerzmittel. Es war ihm nicht gut, als er wieder kam. Sonst war es oft so, dass ich das Gefühl hatte, er genieße den Rauschzustand, aber heute wollte er sich nur verkriechen. Da er wie immer nach der Narkose an die Sauerstoff-Sättigungsmessung angeschlossen ist ("Leuchtfinger"), kann ich am Monitor sehen, dass er unter seiner Decke genug Sauerstoff erhält und so lass ich ihn.

Von heute an bis ca. Ende Juli, werden wir fast wieder täglich nach Wien müssen, entweder hierher oder zu den Bestrahlungen ins AKH.

Wir hatten es schön zu Hause. Ein wenig Erholung, und doch zu wenig. Gestern früh war ich so richtig ausgelaugt und erschöpft, bloß weil ich dran dachte, dass heute die Therapie wieder startet. Ich fühlte mich kraft- und mutlos, obwohl alles so läuft, wie es soll. Ein starkes "ICH MAG NICHT MEHR"-Gefühl machte sich in mir breit.

Also beschloss ich, etwas zu unternehmen und schlug einen kleinen Rad-Ausflug vor. Markus bereitete die Räder und den Kinderanhänger für Aaron vor. Miriam kam auch mit. Simon blieb lieber bei seinem neuen Fernseher. Es hat mir sehr gut getan, rauszukommen. Aarons Laufrad hatten wir mit, sodass er Streckenweise selber radeln konnte.

Am Abend hatte ich's schon wieder akzeptiert, oder sollte ich sagen "integriert", dass der "Urlaub" vorbei ist. Auch Aaron war gefasst. Er wusste ja, dass noch einiges an Behandlungen nötig sein würde, bevor er den Katheder rausbekommt und "wieder gesund" ist.

Heute beginnt also die Dauer-Chemotherapie, die genau ein Jahr dauern wird. Er wird jeden Abend eine Tablette mit einem milden Zytostatikum schlucken müssen. Dazu kommen jedes Monat an vier aufeinander folgenden Tagen subkutane Spritzen, ebenfalls ein Zytostatikum.

Heute hatte er die erste von 4 Lumbalpunktionen, die die Strahlentherapie begleiten. Dabei wird ein starkes Zytostatikum ins Rückenmark injiziert. Die weiteren folgen in wöchentlichem Abstand. Aufgrund dessen werden die Blutwerte wieder sinken, aber nicht so drastisch wie bei den Infusions-Blöcken (was immer das genau heißen mag). Kommenden Montag sind wir erstmals im AKH, wo die Bestrahlung erst einmal simuliert wird, damit wir sehen, ob Aaron das ohne Narkose schafft. Am Mittwoch den 30. 6. ist die erste "richtige" Bestrahlung angesetzt, 17 weitere werden folgen.

Im August dann steht wirklich Urlaub auf dem Programm. Ich hoffe, dem Aaron geht's dann auch gut, damit er die wiedererlangte Freiheit genießen kann. Die Dauertherapie läuft natürlich weiter, und die Kontrollen werden vorerst wöchentlich, später 14tägig nötig sein.

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