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Samstag, 29. Januar 2011

Info zur Stammzellentransplantation

Ich werde versuchen, das was uns die Ärztin (mithilfe wunderschöner
Skizzen, die ich später vielleicht einmal einscannen und anfügen werde)erklärt hat, kurz und verständlich zusammenzufassen:

Durch das Innere unserer Knochen fließt ständig Blut.
Im Knochenmark "wohnen" die sogenannten "Stammzellen", die alle verschieden Blutzellen bilden, also sowohl die roten, als auch die weißen Blutkörperchen und die Blutplättchen.

Uns interessieren hier die weißen Blutkörperchen, die Leukozyten. Es gibt derer zwei große Gruppen:
-) die Granulozyten: Dies sind einfache, wenig intelligente Blutzellen, die nur 3-4 Tage im Blut überleben. Ihre Aufgabe ist es, Bakterien unschädlich zu machen.
-) und die Lymphozyten: Diese sind wesentlich "intelligentere" Zellen, die sehr langlebig sind, manche überdauern ein ganzes Menschenleben. Sie sind fähig, Informationen zu speichern und untereinander auszutauschen, und sind so das Grundgerüst unseres Immunsystems. Sie haben drei wichtige Aufgaben:
Erstens die Bekämpfung von Viren, zweitens die Abstoßung alles "Fremden", und drittens, die Zerstörung von entarteten Blutzellen, also Leukämiezellen, so genannten "Blasten".
Dies ist ein Punkt, der mir bislang unbekannt war. Laut Auskunft der Knochenmarksexpertin bilden sich so ziemlich in jedem von uns irgenwann im Leben Blasten. Sie entstehen durch Fehler, die bei der Blutbildung einfach passieren. Normalerweise erkennt unser Immunsystem, also unsere Lymphozyten, sie allerdings als "böse" und macht sie unschädlich. Nur wenn dieses System einmal nicht funktioniert, entwickelt sich eine Leukämie.(Ich stell mir das so vor wie bei der Haut, wo uns ja auch nach jedem Sonnenbrand die Haut abgeht, weil die geschädigten Zellen möglichst schnell abgestoßen werden müssen. Nur wenn solche geschädigten Zellen nicht abgestoßen werden, entsteht Hautkrebs.)

Und dies ist der Punkt an dem die "Zelltherapie" ansetzt. Ziel der Stammzellentransplantation ist es, Aarons Immunsystem "auszuwechseln" gegen eines, von dem man hofft, dass es in Zukunft auftretende Blasten als "böse" erkennt und bekämpft. Denn, und auch das war uns neu, es können durch die Chemotherapie NIE ALLE Blasten zerstört werden (keine Chemotherapie der Welt kann das), wenn eine Leukämie geheilt wird, dann deswegen, weil das eigene Immunsystem wieder fähig ist, Blasten zu erkennen und unschädlich zu machen. Manchmal reicht dazu die Chemotherapie, die möglichst viele Blasten zerstört und die Blutbildung neu ankurbelt.

Aaron soll am 7.3. auf der Station 1A aufgenommen werden. Er kommt dann in ein "Vorbereitungszimmer". Es finden in der ersten Woche alle möglichen Voruntersuchungen statt, und das ist die Zeit in der er die Station kennen lernen soll. Er ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeschleust, kann sich alles ansehen, ... Außerdem soll er sich in dieser ersten Woche an den neuen Tagesablauf gewöhnen: Erstmals muss er ohne mich dort übernachten, und sämtliche Pflegemaßnahmen (z.B. morgendtliches Duschen) werden von den Schwestern durchgeführt, eingentlich OHNE mein Beisein, das Erscheinen der Mütter ist erst um 10h geplant, wenn alle Pflegemaßnahmen und Untersuchungen bereits erledigt sind. Die Ärztin argumentierte damit, dass die Kinder lieber auf das Personal böse sein sollen als auf die Mütter. Dass es für die Kinder gut sei, zu wissen, wenn die Mama kommt, ist alles gut, dann will keiner mehr was von mir, dann werde ich in Ruhe gelassen. Vermeiden wollen sie, dass die Kinder von den Müttern erwarten, sie in Schutz zu nehmen. Mein sicherlich auch berechtigtes Gegenargument war, dass Aaron bis jetzt sämtliche unangenehmen Dinge akzeptiert hat, wenn ICH dabei war und die Zeit hatte, sie ihm zu erklären. Es haben mir im Lauf des vergangenen Jahres schon viele Ärzte und Schwestern bestätigt, dass ich diesbezüglich eine sehr positive Wirkung auf Aaron habe. Er ist ganz unglaublich kooperativ, und das ist sicherlich auch mein Verdienst. Ich habe deshalb argumentiert, dass es mir lieber wäre, Aaron müsste auf gar niemanden "böse sein", weil er verstehen kann, dass gewisse Dinge einfach notwendig sind. Wir sind diesbezüglich ein bisschen so mit "kommt Zeit, kommt Rat" verblieben, aber ich habe mit Nachdruck vermerkt, dass ich bei sämtlichen Pflegemaßnahmen und Untersuchungen dabeisein möchte, wenn Aaron das wünscht. Natürlich wäre es auch für mich entspannend, wenn ich erst um 10h da sein müsste. Aber ich werde das sicherlich nicht tun, wenn ich weiß, dass Aaron deswegen unglücklich ist.
Ich selbst werde in der Zeit, wo Aaron auf der 1A sein wird hoffentlich gegenüber des St.Anna im "Ronald McDonald Haus" ein Zimmer bekommen, das von der Kinderkrebshilfe genau für diese Fälle betrieben wird. Es wurde mir auch zugesichert, dass ich in der Nacht angerufen werde, falls Aaron nach mir weint, dann kann ich in wenigen Minuten bei ihm sein. Meine Frage war noch, wie die Kinder in der Nacht betreut und überwacht werden. Es gibt zu den Zimmern Gegensprechanlagen - funktioniert wie ein Babyphon - sodass die Schwester sofort hört, wenn ein Kind ruft. Außerdem werden alle Kinder Monitorüberwacht, das heißt EKG-Pickerl und Kabel und Leuchtfinger. (Vor allem das mit den Pickerln und Kabeln muss ich Aaron noch rechtzeitig klar machen!) Der Betreuungsschlüssel ist angeblich 1:1, sodass auch wirklich immer eine Schwester Zeit hat. Beruhigungsmittel, damit das Kind schläft, werden (Gottseidank!!!) nur in Ausnahmefällen eingesetzt, und das wird mit den Eltern vorher besprochen. Die Psychologin, die bei dem Gespräch anwesend war, hat mir geraten, bei dem Pflegegespräch, das bei der Aufnahme mit den Schwestern scheinbar stattfindet, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ich Aaron versprochen habe, dass ich angerufen werde, wenn er das wünscht. Er soll mich anfangs ruhig ein paar mal rufen lassen, damit er die Sicherheit entwickeln kann, dass das auch wirklich funktioniert, dass die Mama wirklich nicht weit weg ist und auch kommt, wenn er sie braucht.

Nach der ersten Woche wir Aaron in ein Schleusenzimmer verlegt und die Chemotherapie beginnt. Ab diesem Zeitpunkt darf auch ich nur steril gekleidet und mit Mundschutz zu ihm rein. Die Geschwister können durch eine Plexiglaswand, die sich direkt neben dem Bett befindet, mit ihm reden. Diese Wand teilt das Zimmer in zwei Teile und ist beim Durchgang offen. Es ist also keine Tür da. Aarons Teil des Zimmers wird durch eine spezielle Lüftungsanlage steril gehalten. Die Luft zirkuliert so, dass sie nicht von heraußen in seinen Teil des Zimmers strömen kann. Steril gekleidet muss man also erst sein, wenn man diese "Luftbarriere" überschreitet.

Die Chemotherapie, die er in dieser zweiten Woche (ab 14.3.) bekommt, ist noch stärker, als jede, die er bis jetzt hatte. So genau hat sie's nicht gesagt, aber nachdem die Therapie, die er bislang hatte schon "eine der stärksten" war, und "eine, die man bei Erwachsenen nicht anwenden kann, weil die sie nicht verkraften", ist das, was ihm nun bevorsteht, wahrscheinlich das härteste, was es an Chemotherapie überhaupt gibt. Ziel dieser Chemotherapie ist es erstens, Aarons eigene Stammzellen und seine Lymphozyten weitgehend abzutöten, da sich diese ansonsten gegen die fremden Zellen wehren und diese zerstören würden. "Bei einer AML, vor allem wenn sie so schnell wieder gekommen ist, geben wir allerdings eine weit stärkere Chemotherapie, als notwendig wäre, um diese Abstoßung zu verhindern, weil wir gleichzeitig nocheinmal möglichst viele Blasten töten wollen", so weit das Zitat der Ärztin. Ich nehme an, das ist wichtig, um zu verhindern, dass die Blasten wiederkommen, bevor das neue Immunsystem stark genug ist, sie zu bekämpfen.

An dieser Stelle wurden wir natürlich über die Nebenwirkungen aufgeklärt. Hier nur jene, die mit Sicherheit eintreffen werden: starke Schmerzen durch geschädigte Schleimhäute im Mund und im Darm. (Als ich sagte, im Mund hatte er bis jetzt noch nie Probleme, antwortete sie trocken: "Na dann wird er sie jetzt bekommen.") Weiters Infektionen. (Durch die geschädigten, blutenden Schleimhäute können Bakterien aus dem Mundraum und aus dem Darm in die Blutbahn gelangen und dort schwere Komplikationen bewirken.) Auch das wird nicht zu vermeiden sein. Deshalb bekommen eigentlich alle Kinder in den Wochen nach dieser Chemotherapie ein Morphin zur Schmerzlinderung, sie können in dieser Zeit eigentlich nie selber essen und trinken und werden über die Vene mit allem notwendigen versorgt. Aaron wird unglaublich viele Medikamente bekommen, viel mehr als bisher je, das wiederum schädigt (vorübergehend) die Organe; Nieren, Leber, Herz. Innerhalb von einigen Monaten erholen sich die kindlichen Organe aber wieder vollständig, lanfristige Organschäden sind selten. Fest steht, Aaron wird in dieser Zeit sehr krank sein, und sich auch sehr krank fühlen. Auch darauf soll ich ihn vorbereiten.

Nach einer Woche Chemotherapie kommt der "Tag 0", der erste Tag der "neuen Lebens". Die Spenderzellen kommen in einem Blutbeutel (1l Blut, das durch Mendikamenteneinnahme des Spenders besonders reichhaltig an Stammzellen ist), und wird über eine Infusion "eigentlich völlig unspektakulär, wie ein Ery-Konzentrat" verabreicht. Die gesunden und starken Spenderzellen, die noch nie eine Chemotherapie erlebt haben, können sich in Aarons Körper (trotz der noch vorhandenen Chemo-Gifte) behaupten. Mit Aarons Blut schwimmen sie durch die Knochen, wo sich die Stammzellen ansiedeln und nach einigen Wochen beginnen, neue Granoluzyten zu bilden, die die schlimmen Nebenweirkungen der Chemo wieder heilen.

Bis diese neuen Stammzellen aber fähig sind, auch die wesentlich komplizierteren Lymphozyten neu zu bilden, vergehen allerdings Monate, und so lange machen uns die Lymphozyten des Spenders, die ja auch mit dem Konzentrat mitkommen, zu schaffen. Ließe man sie schalten und walten, wie sie wollen, würden sie sich gegen Aaron selbst richten, weil sie ja darauf trainiert sind, alles Fremde abzustoßen, und der Aaron ist ihnen nunmal "fremd", auch wenn der Spender "zu 100%" passt. Man WILL natürlich, dass sich sich gegen Aarons Blasten richten, aber SO gescheit sind sie nunmal auch wieder nicht (oder wir sind nicht gescheit genug ihnen das in ihrer "Sprache" klar zu machen), sie richten sich alo auch gegen Aarons Haut, gegen seinen Darm, gegen seine Leber. Diese Nebenwirkungen der Zelltherapie fasst man unter dem Begriff GvHD zusammen. Um das Schlimmste zu verhindern, bekommen die Kinder "Sandimmun", ein Medikament, das die Lymphozyten lähmt. Das Problem damit ist, dass die "faulen" Lymphozyten nun auch keine Viren mehr bekämpfen können. Somit werden Viren zur tödlichen Gefahr. Anstatt auf die Viren loszugehen, spielen die fremden Lymphozyten bei einer Virusinfektion nämlich gern verrückt und gehen wieder auf alles "Fremde" los, was wiederum eine GvHD bewirkt. Es muss dann verstärkt Sandimmun gegen die GvHD gegeben werden und zugleich Medikamente die gegen die Viren wirken, so genannte Virustatika, die allerdings sehr schädlich für die Nieren sind.

Im Durchschnitt werden Kinder am Tag 40-50 nach einer Stammzellentransplantation erstmals nach Hause entlassen. Aber die Gefahr ist damit nicht gebannt. Mindestens ein mal wöchentlich, machmal aber auch täglich, müssen die Kinder in die Ambulanz, wo das Blut auch auf die drei gefürchtetsten Viren-Gruppen untersucht wird, um Infektionen frühzeitig zu erkennen, also schon bevor sich das Kind krank fühlt. Es müssen zu Hause strengste Hygienemaßnahmen eingehalten werden, und trotzdem werden die Kinder in den Monaten danach immer wieder wegen Virusinfektionen stationär aufgenommen werden müssen.

Irgendwann zwischen dem Tag 100 und dem Tag 180 (~1/2 Jahr) nach der Transfusion fangen die neuen Stammzellen endlich an, "eigene" Lymphozyten zu bilden. Dann kann das Sandimmun langsam reduziert werden, und dann können die Kinder bald auch wieder in die Schule / in den Kindergarten gehen. eine 100% Chance, dass die Leukämie damit besiegt ist, gibt es nicht, denn bei einer AML gibt es auch Rezidive nach einer Stammzellentransplantation. Darüber wollte die Ärztin aber gar nicht reden, und wir auch nicht. Ich weiß also nicht, wie groß die Gefahr eines solchen Rezidives ist - und will es derzeit auch gar nicht wissen.

Nachdem sich das alles jetzt echt schlimm anhört, sei gesagt, dass die Ärztin das Risiko, diese Monate nach der Transplantation nicht zu überleben, in Aarons Fall auf "nur" 10-15% schätzt. Aarons größter Vorteil ist, dass er noch sehr junug ist. Bei Jugendlichen stehen die Chancen bei Weitem nicht so gut.

Am Schluss ging es noch um die Langzeitschäden.
Mit Sicherheit wird bei Kindern, die so viel Chemotherapie bekommen haben, das Wachstum beeinträchtig. Da unsere beiden gesunden Kinder sehr groß sind, wird Aaron deshalb aber wohl auch kein Zwerg bleiben. Ebenfalls sicher ist, dass Aaron zeugungsunfähig werden wird, das heißt, er wird nie leibliche Kinder haben können.
Von den "möglichen" Langzeitschäden, ist die "chronische GvHD" die gefürchtetste, die in 3-5% der Fälle "schwer" ausfällt, nämlich so, dass die Lebensqualität der Kinder erheblich beeinträchtigt ist. Die Details hierzu will ich mir und euch hier ersparen.

Wie ging es uns nach diesem Gespräch?
Na, was meint ihr?
Ich bin total stolz auf mich, dass ich WÄHREND des Gesprächs keine einzige Träne vergossen habe. Auch den restlichen Tag lang hielt ich mich sehr gut. Aber am Abend zu Hause, als Miriam im Bett war (Markus schlief bei Aaron) heulte ich am Telefon mit meinem Mann Rotz und Wasser. Einerseits WEISS ich natürlich, dass Aarons Krankheit ohne diese Transplantation unweigerlich zum Tod führen würde, oder besser, ich muss das den ÄrtInnen eben glauben. Andererseits WILL ich das aber natürlich nicht wahrhaben, nicht glauben, nicht wissen. Mein Herz wehrt sich absolut dagenen, meinem Kind das anzutun. ICH WILL NICHT!!! ICH MAG NICHT MEHR!!! ES REICHT!!! - das ist es, was mein Innerstes schreit.

Was veranlasst uns aber, trotzdem unsere Einwilligung zu dieser Therapie zu geben?
Mein Mann hat es einfach so formuliert: "weil wir ja eh keine andere Wahl haben" Das stimmt natürlich, aber ich will dennoch versuchen zu erklären, was mich zu dieser Entscheidung bewegt. Nun, ich sehe da all die Jugendlichen vor mir, die sich selbst aus freien Stücken trotz der ganzen Nebenwirkungen und Risiken dafür entscheiden, das auf sich zu nehmen, weil sie LEBEN WOLLEN, und weil ihnen diese Transplantation die Chance auf ein neues Leben gibt. Aaron ist noch zu klein, um das selbst eintscheiden zu können, aber wenn selbst Jugendliche, bei denen die Risiken noch viel höher sind, diese auf sich nehmen, bin ich mir sicher, dass Aaron auch zustimmen würde, auch wenn er die ganze Tragweite dieser Entscheidung bereits verstünde.

Dienstag, 25. Januar 2011

Knochenmarksspender

Das ist die umwerfende Nachricht des Tages, es wurde für Aaron ein Spender gefunden.
Derzeit läuft ja Chemo-Block 2, der mit dem ersten fast identisch ist. Heute Abend hat er wieder starke Bauchschmerzen gehabt, wir werden wohl noch durch einige harte Zeiten durch müssen.

Wenn die Komplikationen nach dieser Chemo sich in Grenzen halten, und wenn das Knochenmark immer noch "sauber" ist, dann könnte es sein, dass Aaron schon Ende Februar auf der Station 1A (Transplant) aufgenommen wird. Genaueres erfahre ich selber erst bei dem Gespräch mit der OÄ der 1A. Was ich bis jetzt weiß ist, dass Aaron dort MINDESTENS 6 Wochen wird bleiben müssen, unter strengsten Hygiene-Richtlinien. Auch ich darf dann nicht mehr bei ihm schlafen und zeitweise auch nur mit Maske rein.

Wenn ich mir den zeitlichen Rahmen so ansehe, werd ich ganz nervös. Normalerweise denke ich nur immer für den aktuellen Tag. Das ist eine gute Strategie um das hier durchzustehen. Wenn jetzt so eine Nachricht kommt und den Blick in die Zukunft lenkt, dann kommt nicht nur Freude mit, sondern ein ganzes Wirrwarr an Gefühlen. Wenn das klappt, dann könnte Aaron an seinem 5. Geburtstag wieder richtig gesund sein. Dieser Gedanke allein ist aufwühlend, eigentlich zu schön, um wahr werden zu können. Niemand wünscht sich das so sehr wie wir.
...

Ich weiß auch noch viel zu wenig über die Transplant, und wie es danach weitergehen soll / kann. Am besten ich schreib wieder drüber, wenn ich selber mehr weiß. Wollte nur die gute Nachricht schnell mit euch teilen.

Ganz liebe Grüße an Euch alle, die ihr immer noch / immer wieder hier nachschaut, wie's uns geht.

Ach ja, noch was: Wer sich trotzdem noch dafür interessiert, selbst Knochenmarksspender zu werden, kann sich unter

www.knochmarkspende.at

informieren. Hierzu kopiere ich euch ein paar Zeilen eines mails einer Freundin und ebenfalls betroffenen Mutter hier herein:

Habe heute bei der österr. Knochenmarkspende angerufen. Die tel ist 01/4037193. Man kann sich auf deren homepage ganz einfach registrieren www.knochmarkspende.at wird dann zurückgerufen – die sind total nett. Man bekommt dann infomaterial mit der post und kann sogar beim hausarzt die blutabnahme machen.

Sonntag, 23. Januar 2011

kurz daheim und wieder hier

Am Tag unserer "Heimreise" (das kam einer kleinen Übersiedlung gleich) ging es Aaron recht gut. Er war natürlich überglücklich, und zu Hause spielte er lang mit dem neuen Puppenhaus für Playmobil-Leute, das sein großer Bruder für ihn zu Weihnachten gerichtet hatte. Er war den ganzen Tag auf, und dabei dürfte er sich übernommen haben.

In der Nacht hatte er Bauchschmerzen und leicht erhöhte Temperatur, am nächsten Morgen konnte er nicht aufstehen; Kopfschmerzen und krampfhaft zusammengezogene Bein- und Fuß-Sehnen. Die Ärztin erklärte mir, dass durch das lange Liegen höchstwahrscheinlich die Sehnen verkürzt seien. Mich wunderte zwar, dass das am Tag davor kein Problem gewesen war, aber ich erklärte es mir damit, dass er wohl durch das viele Stehen und Gehen am Vortag seine verkürzten Sehnen regelrecht überdehnt haben musste, was ihn jetzt natürlich sehr schmerzte. An diesem Tag nahm er das noch mit Humor, fuhr beeispielsweise mit dem Dreirad auf's Klo, oder rutschte im Wäschekorb am Gitter entlang, weil er nicht gehen konnte. Allerdings gab ich ihm immer, wenn Kopf und Beinschmerzen zu arg wurden einige Tropfen Novalgin, was schnell wirkt.

In der Nacht auf Freitag fieberte Aaron allerdings deutlich. Die Temperatur stieg bis auf 38.4°C (unter der Achsel gemessen). Laut Arztbrief müssen wir ab 38.5 ins Spital. Das Kind nun mitten in der Nacht herauszureißen, wäre natürlich sehr unangenehm gewesen, also war ich froh, als das Fieber nach kalten Wadenwickeln dann doch wieder sank. Ich machte mir auch keine großen Sorgen deswegen, weil Aaron trotz des Fiebers ruhig schlief und keine Schmerzmittel brauchte. Irgenwie hatte ich das Gefühl, das sei jetzt ein "gutes Fieber", da Aaron ja zu einer Zeit schwer krank gewesen war, als sich sein Körper überhaupt nicht dagegen wehren konnte. Nun, da die Blutzellen alle wieder in ausreichender Menge verfügbar waren, gab es eben noch einige "Baustellen" aufzuräumen.

Allerdings brauchte er am Freitag wieder regelmäßig Schmerzmittel. Schon am Morgen hatte er so starke Schmerzen am ganzen Körper, dass es ihm weh tat, wenn ich ihn trug oder ihm nur half die Lage zu verändern. Der EOP (externer onkologischer Pflegedienst) war an diesem Vormittag bei uns, und die Ärztin war durch deren Bericht über Aarons Allgemeinzustand so beunruhigt, dass sie uns trotz toller Blutwerte (5 500 Leukos) bat, doch bitte schon heute ins Spital zu kommen. Am Nachmittag kam Miriam (ENDLICH - mit dem ESSPAPIER!!!) vom Schikurs heim, und später besuchte uns eine Heilpraktikerin. Danach saßen wir alle noch einmal gemeinsam am Tisch. (Ich hatte zur Feier des Tages Steaks gemacht.) Und am Abend brachte Markus uns wieder nach Wien. Aaron war darauf vorbereitet, und so war es nicht schlimm für ihn.

Als die Ärztin am Samstag Vormittag bei Aaron war, war er "lustig und munter", weshalb sie den Therapiestart verordnete, kaum war sie draußen, klagte er über Kopfschmerzen, und es ging ihm eigentlich ziemlich schlecht, bis am Nachmittag seine Geschwister kamen. Das motivierte ihn scheinbar so sehr, dass die Schmerzen vergingen und er sich schließlich am späten Nachmittag soger traute, den Rückweg von der Toilette ins Bett auf eigenen Sohlen zurückzulegen. Und siehe da, "beide Füße können wieder gehen!" (Zu Mittag konnte nämlich nur der rechte Fuß richtig stehen, der linke noch nicht.) Bis zum Abend war Aaron so gut gelaunt, dass er mich mit den Großen nach Hause fahren ließ. Papa blieb über Nacht bei ihm und hatte den Stress mit extremer Chemo-Speiberei während ich zu Hause mit den Kindern gemütlich auf der Couch saß und über den Beamer einen Filmerlebnis genoss.

Heute Sonntag war ein guter Tag. Schon am Vormittag war Aaron viel auf, marschierte im Zimmer umher, spielte im Bett stehend Wii und aß (oder naschte) so alles mögliche. Sogar zu einem Mittagsschlaf ließ er sich nicht überreden, obwohl er den sicherlich gebraucht hätte. Jetzt (20h) schläft er tief und es läuft gerade wieder die zweite Chemo-Infusion des Tages. Ich habe die Nachtschwester gebeten, ihm das Zofran heute früher zu spritzen. Vielleicht ersparen wir uns dann ja einiges an nächtlicher Aufregung. Hoffentlich. Auf jeden Fall bin ich sehr froh, ihn wieder in so gutem Zustand zu sehen. Es war ja doch ziemlich schlimm, ihn so lange nur im Bett liegen und leiden zu sehen.

Dienstag, 18. Januar 2011

Juhuuuuuu!

nur kurz:

Puntion heute gut verlaufen.

SUPER Ergebnis:
KEINE Krebszellen, nur lauter gesunde junge Zellen!!!!

Fazit:
- Erstens RIESEN-Erleichterung, weil wir Therapiemäßig auf dem richtigen Weg sind. (Plan geht weiter bis Transplant, das bleibt uns nicht erspart, aber wenigstens besteht die Aussicht darauf, dass eine Transplantation überhaupt möglich sein wird.)

- Zweitens: Chemo Block 2 wird noch um ein paar Tage verschoben.

- Und unglaubliches Drittens: Aaron darf für ein paar Tage NACH HAUSE !!!!!!!!!

Montag, 17. Januar 2011

Regenerationsphase?

Ich habe lange nicht geschrieben, weil ich einfach nicht dazu kam. Aaron brauchte mich so ziemlich rund um die Uhr, und nachdem wir oft schlimme Nächte hatten, legte ich mich dann, wenn's ging natürlich auch dazu um auszuruhen. Seit gestern geht es ihm ENDLICH wieder besser. Bis dahin fast ständig starke Schmerzen, Bauch, Beine, Rücken, Kopf, abwechselnd oder gleichzeitig. Im Schnitt brauchten wir 4x in 24h ein zusätzliches Schmerzmittel (Perfalgan oder Novalgin). Als die Leukos wieder kamen, kam auch ein bisschen Fieber mit, über das ich aber eher froh war, weil das zeigt, dass die Immunabwehr wieder etwas tut, und sich die Hoffnung auftut, dass das Weh nun endlich bald gut werden kann. Mit Antibiotika und all den anderen Infusionen kann man eben keine Krankheit heilen. Es ist vielmehr ein über Wasser halten und warten, warten auf die Rückkehr der Leukozyten, ohne die echte "Heilung" nunmal nicht möglich ist. Das Aufatmen der Ärzte beim Wiederanstieg der Leukos am 12. und 13. 1. war deutlich genug.

Aaron befindet sich also derzeit in der Regenerationsphase. Für das Blutbild mag das ja stimmen, aber leider nicht für seinen Allgemeinzustand.
Trotz immer besserer Blutwerte ging es Aaron in der letzten Woche nicht besser, fast sogar noch schlechter. Er bekam bei jedem Aufrichten Kopfschmerzen, sodass er fast ständig in Seitenlage im Bett ruhte, döste, oder schlief. Am Freitag fuhren wir noch einmal zum CT ins AKH, wegen der vielen Kopfschmerzen. (Aaron sagte, das sei wie in der Waschmaschine) Die Untersuchung blieb gottseidank ohne Befund. Auffällig für mich ist der Kontrast von einem "Ausflug" zum nächsten. Bei dem Eingangs-CT im Dezember war er "gesund", lustig und munter. Beim MRT am 7.1. war er stark geschwächt und litt unter Schmerzen, aber er hatte Stiefel an und ging selbst zum Lift und zum Rettungswagen. Am 14. jedoch transportierten wir ihn liegend, und dabei schrie er auf, als ich ihn aus dem Bett hob, um ihn auf die fahrbare Trage zu heben, weil ich ihm den Kopf zu stark angehoben hatte.

Weil Dr Kronberger vorgeschlagen hatte, Aaron ein bisschen aus dem (zwar sehr schönen, aber doch immer gleichen) Zimmer herauszuholen, um ihn zu motivieren, machten wir am Nachmittag des 14. gleich noch einen Ausflug ins Spielzimmer, mit einem weich gepolsterten Lehnsessel. Eigentlich wollte Aaron den Lehnsessel gar nicht. Als er hörte, er dürfe raus, verlangte er nach seinen Crogs, stand auf und marschierte zur Tür. Dort allerdings wurde ihm klar, dass er es zu Fuß doch nicht schaffen würde und ließ sich von mir in den Lehnsessel heben. Im Spielzimmer sah er kurz der Kindergärtnerin beim Basteln zu. Nach 5 Minuten musste ich ihm die Lehne in Liegeposition bringen, nach weiteren 5 Minuten atmete er so schwer und stoßweise, dass wir ihn wieder ins Bett bringen mussten. Am Samstag wiederholten wir den Ausflug, aber da war es ihm eigentlich von Anfang an zu viel, und er wollte sofort wieder zurück ins Bett.

Am Samstag Nachmittag bat ich die Schwester, ihm Novalgin anzuhängen, weil er ohne Schmerzmittel weder aß noch auf die Toilette gehen konnte, und von spielen sowieso keine Rede war. Das half aber dann ganz erstaunlich gut, und eine halbe Stunde später erkannte ich "den alten Aaron" wieder. Es ging ihm so gut, dass er nicht nur aß und eine Menge Stuhlgang zu Wege brachte, sondern bis zum Abend richtig fröhlich war. Im Bett liegend spielten wir und schauten am Laptop Grisu und PanTau. Er wollte gar nicht schlafen, so genoss er es, endlich einmal schmerzfrei zu sein. In der folgenden Nacht schlief er gut und erholsam. Das nächste Schmerzmittel brauchte er erst in den Morgenstunden.

Im Lauf des Sonntag wurden die beiden Schmerz-Bypässe abgedreht. Er brauchte auch den ganzen Tag kein weiteres Schmerz-Medikament mehr. Am Nachmittag machten wir wieder einen "Ausflug" ins Spielzimmer, und diesmal genoss er es, saß im Lehnstuhl und spielte, und musste erst nach 20 Min wieder ins Bett.

Sonntag Abend schockte uns der diensthabende (stationsfremde) Arzt mit der Anordnung, Aaron müsse Montag früh nüchtern bleiben, weil man möglicherweise schon den zweiten Therpieblock beginnen würde. Jetzt geht es ihm den ersten Tag besser, von "gut" noch keine Rede, der Entzündungswert ist mit 2 immer noch nicht negativ - trotz der Unmengen von Antibiotika der letzten Wochen! - und da wollen sie morgen schon wieder mit der Chemo-Keule beginnen, die seine Leukos binnen 1 Woche wieder auf 0 bringen wird? Besteht da nicht die Gefahr, dass die noch nicht ganz ausgeheilte Infektion wieder eskaliert? Es war Sonntag, keiner unserer Ärzte zu sprechen. Sowohl Markus, als auch ich, haben letzte Nacht recht sorgenvoll geträumt.

Heute Morgen versetzten wir Dr Kronberger in Stress, weil wir möglichst sofort mit ihr reden wollten. Ergebnis: Sie hatte nie vor, schon am Montag mit der Therapie zu beginnen, Aaron kann ruhig was essen, sie will zuerst sehen, wie's ihm heute geht, Punktion dann morgen oder übermorgen. Therapiestart schon diese Woche, aber nicht sofort.

Samstag, 8. Januar 2011

Großer Aufruhr um ein müdes Kind

Gestern in der Früh war Aaron noch lethargischer als am Tag zuvor. Er vermied jede noch so kleine Bewegung. Das Frühstücksflaschi musste ich ihm halten, die Lieblingskekse, die auf einem Teller direkt neben seinem Kopf auf dem Kopfpolster lagen, musste ich ihm zum Mund führen, den Tinky Winky, 15 cm außer Reichweite, musste ich ihm geben, ...

Sogar sprechen war ihm zu anstrengend. Er beschränkte sich auf seufzen und leise Weh-Klage-Laute. Natürlich fragte ich ihn: "Aaron, wie geht es dir?" Die Antwort war ein schwaches "Gut". "Tut dir irgendwas weh?" - leichtes Kopfschütteln. "Bist du traurig?" - "Nein." - "Bist du so müde?" - "NEIN!!" (So lass mich doch endlich in Ruhe.) "Aber warum stehst du denn dann nicht auf?" - "Keine Ahnung."

Nach dem im Liegen gefütterten spärlichen Frühstück war er so geschafft, dass er schon wieder schlafen musste. Da hatte ich genug. Ich ging zur Schwester und sagte ihr, dass ich mir um Aaron Sorgen mache, weil er in den letzten Tagen immer noch müder und kraftloser geworden war. Die Schwester berichtete den ÄrtInnen, jene kamen nachschauen. Aaron versteckte sich unter seinem Schmusetuch und wollte mit niemandem reden. So kennen sie ihn gar nicht.

Daraufhin wurde eine Untersuchungsserie in Kraft gesetzt. Als erstes kam das EEG ins Zimmer. Obwohl es diesmal keine lustigen Dinge zu beobachten gab, und Aaron eigentlich fast die ganze Zeit die Augen geschlossen halten musste, fand er das schon recht spannend.

Anschließend durften wir sogar einen Ausflug machen, mit dem Rettungswagen zur Bellaria um ein Schädel-MRT machen zu lassen. Endlich wieder einmal Hose, Jacke, Stiefel, Haube anziehen und raus. Als wir vorm Lift standen, sagte Aaron "AUA!", und ich dachte zuerst, er hätte wieder Beine- oder Po-weh, "Nein, mein Zahn!" Da guckte ich kurz unter seinen Mund-Schutz und sah, dass ihm Blut aus dem Mund ronn. Schnell zurück ins Zimmer, Maske abnehmen, Mund untersuchen. Vor lauter Aufregung hatte sich Aaron innen in die Unterlippe ein ziemlich tiefes Loch gebissen, das nicht aufhören wollte zu bluten. Die Ärztin überlegte bereits, ob wir den "Ausflug" verschieben und davor noch die fälligen Thrombos anhängen sollten, aber jetzt war er ja schon angezogen, eigentlich wollten wir schon fahren. Da hatte die Ärztin eine Idee und brachte uns so kleine Würfel, die sie in die Zahnlücke stopfen, wenn ein Kind einen Zahn verliert und die Stelle stärker blutet. Das erste Würfelchen war zwar gleich vollgesogen, aber mit dem zweiten machten wir uns dann auf die Reise. Dieses hat er übrigens später irgendwann verschluckt.

Im Rettungswagen wollte Aaron liegen, weil er im Sitzen oft starke Schmerzen hat und wohl auch rasten wollte, und auch dort schob ich ihm zwei Stühle zusammen, damit er sich hinlegen konnte. Es war das selbe Institut, zu dem uns unser letzter Ausflug zum CT geführt hatte. Der Kontrast, den Aaron gestern zu dem Aaron vor drei Wochen dort bot, war schmerzhaft. Was hätte ich drum gegeben, wenn er wieder ein wenig schlimm gewesen wäre. (Genau deswegen, weil ich gewusst hatte, was auf ihn zukommen würde, hatte ich ihn damals weitgehend gewähren lassen.)

Bei der Untersuchung war Aaron natürlich wieder einmalige Spitze. Ich trug ihn hinein, wir sahen uns kurz das große Gerät an. Ich fragte: "Bist du bereit?" Er antwortete: "Ja." und ließ sich auf den Untersuchungstisch legen. Wir beide bekamen Ohr-Schützer. Ich die mit Entspannungsmusik, er die ohne, denn er wollte ja die lauten Geräusche hören. Angeblich dauerte es etwa eine halbe Stunde, aber es kam mir kürzer vor. Aaron lag absolut still und lauschte auf die verschiedenen, plötzlich kommenden und gehenden lauten Geräusche, ohne ein einziges Mal zu erschrecken. Zumindest hat er nicht gezuckt. Immer wieder machte er die Augen zu. Wenn sich der Lärm änderte, guckte er meist zu mir heraus und grinste leicht. Die Assistentin dort lobte ihn, er habe sich, im Gegensatz zu so manchem Erwachsenen, absolut vorbildlich verhalten.

Beim Warten auf die Bilder hatte Aaron wieder Schmerzen, vielleicht vom langen ruhig Liegen, nach dem EEG hatte er auch einen Schmerz-Anfall gehabt. Das Warten wurde ihm überhaupt recht lang. Auf der Straße schließlich blieb er noch einen Moment stehen, um eine Straßenbahn zu beobachten, bevor er in den Rettungswagen stieg.

Zurück in unserem Zimmer im St.Anna konnte Aaron endlich wieder schlafen. Davor musste ich ihm aber unseren "Ausflug" noch einmal in allen Details (Es gibt derer wesentlich mehr, als ich hier erwähnt habe) schildern, damit er davon noch träumen konnte.

Am späteren Nachmittag war Aaron dann ganze 3 Stunden munter, und dabei zum Teil auch wieder recht lustig, er hat sogar ein paar Runden Mario Cart gespielt und sein Auto mit großem Vergnügen immer wieder absichtlich in den Abgrund gesteuert.

Die Untersuchungsergebnisse:
EEG zeigt verlangsamte Arbeit eines Teils des Gehirns. Das ist bei Kindern in Chemotherapie angeblich recht oft zu beobachten und deswegen nicht besorgniserregend. Beim MRT fanden sich einige leicht "geschwollene"(?) Stellen, was aber auch nicht Besorgnis erregend sei.

Heute Vormittag folgte noch eine vorgezogene Lumbalpunktion. Dies aus zwei Gründen. Die Ärzte wollen mit Sicherheit ausschließen, dass sich Krebszellen im Rückenmark befinden. Dies ist sehr unwahrscheinlich, da das Rückenmark diesmal ja gar noch nicht befallen war. Und sie wollen mit Sicherheit ausschließen, dass sich Bakterien oder Viren im Rückenmark befinden. Die nächste planmäßige Punktion wäre in nicht ganz einer Woche, aber sollten vielleicht doch Krankheitserreger im Rückenmark sein, so wäre es nicht gut, das erst so spät zu erfahren.

Aaron war über den Umstand, dass er nüchtern bleiben musste gar nicht erfreut und klagte über Bauchschmerzen. Er wollte sich auch durch nichts ablenken lassen, kein Spiel, kein Buch, kein Film. Also kuschelte ich mit einem seufzenden Kind im Bett, bis es so weit war und er geholt wurde. Zum Glück mussten wir diesmal wirklich nicht lange warten. Weniger glücklich war der Umstand, dass nur ein wenig erfahrener Intensivmediziner Dienst hatte. Der dürfte Aaron ziemlich verstochen haben. Die Schwestern klangen auf jeden Fall recht besorgt, als sie mir den Sandsack in die Hand gaben mit der Bitte ihn diesmal wirklich mindestens eine Stunde lang auf Aarons Rücken zu drücken (er mag nämlich nicht am Bauch liegen) und ihm zur Sicherheit gleich noch ein zusätzliches Schmerzmittel anhängten, denn er sei heute "mehrmals" gestochen worden, und man wolle verhindern, dass er arge Schmerzen bekomme. Ich bemerkte auch den ungewöhnlich dicken Druckverband auf Aarons Rücken und den blutigen Pyjama. Auch das war noch nie der Fall gewesen. Später fragte ich dann nochmal nach, warum Aaron denn heute "öfter" gestochen worden war als sonst. Antwort der Schwester: "Weil der Liquor blutig war, und für die Untersuchung (das wusste ich bereits) braucht man einen reinen Liquor." Ich hatte im vergangenen Jahr schon mitbekommen, dass es so etwas wie ein Wettbewerb unter den Ärten ist, einen möglichst reinen Liquor zu bekommen, und bei Aaron hatten das schon viele auf Anhieb geschafft. Ein zweiter oder gar dritter Stich war noch nie notwendig gewesen. "Das kommt halt immer auf den Punkteur an," fügte die Schwester nach einer kleinen Pause hinzu. Die Stellvertretende Oberärztin stammelte später auch noch eine schlechte Erklärung, eigentlich es (bei dem jungen Kollegen) ja auf Anhieb geklappt, aber es sei halt blutig gewesen, sie wisse auch nicht wieso, also habe sie danach nocheinmal stechen müssen." Na super. Weiß eh schon Bescheid.

Heute waren Miriam, Simon und auch der Papa zu Besuch. Nur sehr viel hatte Aaron nicht von ihnen, den trotz erhöhter Schmerzmittel hatte Aaron heute mehrere sehr starke Schmerz-Anfälle. Er deutete auf die Hüfte oder auf den Bauch, aber die Schwestern nahmen an, dass die Schmerzen von der Punktion stammen. Wenn er sich schreiend im Bett wälzt ("Es tut so weh! Es tut so weh!"), dann ist es halt schwer aus ihm herauszubekommen, wo genau es ihm weh tut, und danach flüchtet er sich (sinnvoller Weise) immer gleich in den Schlaf. Oft hilft das, und er kann tatsächlich schlafen. Wenn er beim wieder Aufwachen immer noch weh hat, oder wenn er sich, wie jetzt am Abend im Schlaf unruhig hin und her wälzt und immer wieder aufweint, hängen wir ihm noch ein Schmerzmittel an. Das hilft. Jetzt schläft er ruhig und gut. Hoffentlich ist's morgen wieder besser.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Haare adee!


Aaron ist weiterhin fieberfrei, war heute aber lang nicht so gut drauf wie gestern; müde, traurig, immer wieder Schmerzen. Am Foto oben steht er beim Malen, weil er nur entweder stehen oder liegen kann. Sitzen schmerzt. Zum Malen war er dann übrigens auch zu müde. Das Bild hab schließlich ich nach seinen Anweisungen fertig gemalt.

Seit gestern gehen ihm leider auch die Haare aus, wie bei einer Katze im Fellwechsel. Der Vergleich deshalb, weil er ja noch so viele hat, dass es noch nicht auffällig weniger werden, aber wo immer er liegt, ist das Kopfkissen voller Haare, beim Bürsten sammeln sich unzählige in der Bürste. Einen Tag, bevor der Haarausfall begann, sagte er "Au, meine Haare." Auch jetzt sagt er AU beim Bürsten oder auch wenn man ihn nur am Kopf streicheln will. Ich hatte bis jetzt noch von niemandem gehört, dass Haarausfall weh tun kann. Auf jeden Fall scheint es ihm sehr unangenehm zu sein. Ich hab ihm angeboten, die Haare alle auf einmal abzurasieren, weil er sich ja nicht bürsten lassen will, aber davon will er absolut nichts wissen.

Hier noch ein paar Fotos von gestern. (Ein paar letzte Fotos mit Haaren?) Na, auf jeden Fall solche, die ihn als Mario-Cart-Fan zeigen. ;-)




Und so sieht seit Weihnachten unser einziger vernünftiger Tisch aus. Wir essen seit dem am Betttischchen.

Montag, 3. Januar 2011

Wieso hab ich denn nur sowas?

Dies waren harte Tage. Der Entzündungewert ist zwar täglich weiter gesunken, aber Aaron hat immer wieder gefiebert, immer wieder starke Schmerzen, jetzt mehr in den Beinen und im Po - also vermutlich Muskelschmerzen, seit der Infusion des Anti-Pilz-Mittels jetzt auch plötzlich immer wieder Bluthochdruck, was bei der schlechten Blutgerinnung mehrmals täglich zu Nasenbluten führte. Aaron entwässert schlecht und im Schlaf braucht er Sauerstoff. Täglich mehrere Untersuchungen, immer wieder neue Medikamente, die Ärzte wissen eignetlich nicht, woher seine Schmerzen kommen. Wenn wir bei Aaron von Schmerzen sprechen, dann ist das nicht nur ein Zwicken. Ein typischer Satz von ihm lautet: "AU, mein BAUCH - tut nicht weh." Wenn ein Arzt herinnen ist, tut prinzipiell nichts weh, geweint wird nur, wenn's ganz schlimm ist und wir alleine sind. Der Satz, den ich als Titel vorangestellt habe, spiegelt seine doch immer wieder kehrende Verzweiflung, zum Beispiel angesichts des Nasenblutens oder der Schmerzen. Allerdings, als ich selbst einmal diesen Satz ("Warum hast du denn nur sowas?") aussprach, als er wieder arg weh hatte, antwortete Aaron darauf: "Menschen haben das eben."

Es gibt aber auch gute Neuigkeiten:

-) Wir haben alle hier im Spital Sylvester gefeiert. Die Großen hatten im Jugendraum Spaß beim Wii spielen, und um Mitternacht war ich mit ihnen am Dachgarten, von wo aus wir einiges an Feuerwerk sahen. Markus bleib derweil bei Aaron.

-) Das Ergebnis der Knochenmarkspunktion ist negativ, d.h., das Knochenmark ist derzeit völlig leer, Krebszellen sind aktuell nicht mehr zu finden, gesunde Blutzellen allerdings auch nicht. Auf deren Reproduktion warten wir derzeit.

-) Seit gestern Abend ist Aaron endlich Fieber frei. Hoffentlich anhaltend! Er hatte in den letzten 24h Stunden auch keine argen Schmerzen, was wohl auch mit einer Umstellung der Schmerzmittel zu tun hat.

-) Trotz all der Komplikationen und Probleme schreitet die kindliche Entwicklung voran. Zum Beispiel das "trocken werden". Meine beiden großen Kinder brauchten zwar schon viel früher nachts keine Windel mehr, aber das lag wohl einfach daran, dass sie nachts nicht mehr mussten. Aaron hängt ja ständig an Infusionen. Hier im Krankenhaus muss er mindestens 5x pro Nacht seine Blase entleeren. In die Windel tat er das aber nur mehr, als er vor lauter Fieber und Schmerzen nicht aufstehen konnte. Selbst wenn er nachts ein entwässendes Medikament bekommt, was ja eigentlich echt gemein, aber trotzdem leider oft der Fall ist, weil sowohl um 12h als auch um 24h "Bilanz" gerechnet wird, rappelt er sich x-mal auf: "Mami - LULU!"

Wie's weitergeht?

Naja, warten und hoffen. Warten bis die Blutbildung wieder einsetzt und hoffen, dass nicht noch eine Infektion dazukommt. Das kann in ein paar Tagen sein, oder auch erst später. Solange wird Aaron mit Blutkonserven, Antibiotika, Kortison, und dem ganzen Cocktail an sonstigen Medikamenten "durchgefüttert". Danach lässt man ihn max. eine Woche lang regenerieren, bevor der nächste Chemotherapieblock folgt und der Kreislauf wieder von vorne beginnt. Mindestens zwei solcher Zyklen muss er noch durchlaufen vor der Stammzellentransplantation.