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Dienstag, 30. März 2010

Garten und Terrasse

2010_03_26

Seit ein paar Tagen telefoniere ich herum wegen der Schule meines Dreizehnjährigen. Er sollte heuer die 8. Schulstufe abschließen, doch die Montessori-Schule, in die er seit zwei Jahren geht, bekommt heuer das Öffentlichkeitsrecht nicht ausgesprochen. Auch für die 7. Schulstufe kann ihm die Schule nun kein positives Zeugnis mehr ausstellen, weil er sie erst im Laufe dieses Schuljahres vollendet hat. Externistenprüfungen stehen ins Haus, bei denen die Schüler allerdings nur Hauptschul-Zeugnisse erlangen können. Außerdem ist ungeklärt, ob Simon überhaupt das Recht hat, die Prüfungen für die 7. und 8. Schulstufe gleichzeitig abzulegen, ungeachtet der Frage, ob er das denn auch schaffen kann. Seit Ende letzten Schuljahres überlegte ich, Simon zurück in eine öffentliche Schule wechseln zu lassen. Nach Ausbruch von Aarons Krankheit verschob ich den für Februar geplanten Schulwechsel, und in den letzten Monaten habe ich mich darum eigentlich nicht mehr gesorgt. Ich hatte ja auch genug anderes, dringenderes im Kopf, und überließ die Sorge um seine Bildung vorrangig meinem „Großen“ selbst. Erst nach der Mitteilung des Stadtschulrats über die definitive Notwendigkeit von Externistenprüfungen oder Schulwechsel nahm ich das Ruder wieder in die Hand im Versuch, ihn zu retten. Dass er die 8.Schulstufe noch heuer positiv abschießen würde können erschien schon völlig unrealistisch. Doch an diesem Morgen löste sich das lang „gekaute“ Problem plötzlich in Wohlgefallen auf. Ich erreichte den Direktor des öffentlichen Gymnasiums beim ersten Anruf – das ist mir bis dahin noch nie zuvor gelungen. Er kennt den Fall, wir waren schon im Gespräch, kann sich aber nur eine 3. Klasse vorstellen. Er will sich das Zeugnis ansehen, das ich ihm letzten Sommer geschickt habe (vom 2. Gym). Kurze Zeit später ruft er zurück. Er kann Simon in eine 4. Klasse RG aufnehmen. Am Montag nach den Osterferien können wir kommen und Simon kann sofort in seine neue Klasse. Er wird für ein Jahr als außerordentlicher Schüler geführt. So lange hat er Zeit, zu zeigen, was er kann. Ist er dann überall positiv, wird er automatisch ordentlicher Schüler der (dann) 9. Schulstufe. Erst und nur wenn er nächstes Jahr zu Ostern negativ wäre, müsste er in diesen Fächern „Einstufungsprüfungen“ ablegen. Sollte er diese nicht bestehen, gibt es eine zwei-monatige Nachfrist zur Wiederholung der Prüfung(en) – das wäre dann am Schulschluss nächsten Jahres. Erst wenn er das dann nicht schaffen sollte, müsste er die Schule verlassen. Ich kann mir ehrlich nicht vorstellen, dass Simon sich je so blöd anstellen könnte, dass dieses worst-case-Szenario Wirklichkeit wird.

Ich bin richtig glücklich nach diesem Telefonat. Am späteren Vormittag folgen mehrere hin und her sms zw. Simon und mir, der übrigens gerade eine Schularbeit schreibt. Auch er ist glücklich, wenn er auch natürlich darum bangt, ob er seine Freunde wiedersehen kann.

Bei unserer Ankunft in der Tagesklinik erlebe ich die nächste positive Überraschung. Da ich zur Sponsion meines Bruders möchte, habe ich nur kurz Zeit, Aaron zu begleiten und meinem Mann das Wichtigste zu zeigen. Da Aaron immer noch manchmal erschrickt, wenn die Schwestern irgendwelche Handgriffe zu schnell ausführen, war ich etwas in Sorge, wie das dann ohne mich gehen würde. Normalerweise werden wir nach Anmeldung in der Tagesklinik in eine Koje gewiesen, wo wir dann oft ziemlich lange warten, bis eine Schwester zum Blutabnehmen kommt, und dann wieder warten, bis wir ins Behandlungszimmer gebeten werden zur ärztlichen Untersuchung. Manchmal passiert das auch gleichzeitig, doch noch nie zuvor war es so wie heute: Ich schiebe Aaron gerade mit dem Kinderwagen in die Tagesklinik, und noch während ich seinen Namen bei der Anmeldung niederschreibe sagte eine Schwester: „Ihr könnt gleich weiterkommen.“ - und deutet auf den Behandlungsraum. Noch mit Jacke und im Kinderwagen kommen wir beim Arzt an. Und als Markus kommt, der noch auf der Toilette war, ist die Prozedur eigentlich schon vorbei. Nur das Blutdruckmessen hat nicht funktioniert und Aaron hat Angst, es nochmal zu versuchen. Aber Schwester und Arzt drängen ihn nicht. Das können sie später auch noch machen, meinen sie.

Den größten Teil meiner Abwesenheit verbringen Vater und Söhnchen danach mit Spielen. Um die Mittagszeit bekommt er Thrombos, sodass wir anschließend gemeinsam wieder nach Hause fahren können. In der Zwischenzeit war ich bei der Sponsion und mit der Familie essen. Schön, mal nicht in der Koje mit eingesperrt zu sein.

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Kinder

Ein Einjähriger, fast noch ein Baby, im Buggy im Gedränge der U-Bahn. Mein überempfindliches Vorstellungsvermögen sieht ihn umringt von Millionen gefährlicher Keime. Doch schon dieser kleine Mensch hat ein so funktionsfähiges Immunsystem, dass der Vater, der ihn schiebt, sich wohl kaum darüber Gedanken macht. Ich staune über das Wunder „Mensch“.

Ein Jugendlicher kommt auf der Straße auf mich zu und sagt „Pumpenwage“. Wegen meiner anfänglichen Verwirrung halte ich nicht an, aber im Weitergehen lächle ich vor mich hin, während ich ihn und seine Freunde im Hintergrund lachen höre. Er hat meinen Tag erhellt.

Ein quängelnder Drei-Käse-Hoch am U-Bahn-Bahnsteig. Seine Mutter, die kurz stehen bleibt, um sein Kuscheltier aus seinem kleinen Rucksack zu holen, und ihn dann sanft weiterzieht, ein Rutsch-Auto in der anderen Hand mitschleppend.

Zwei Buben im Vorschulalter in der U-Bahn, die an der Tulpe riechen wollen, die die Mutter vorsichtig mit dem Stiel nach oben trägt. Unsanft und doch liebevoll fassen sie den zarten Blütenkelch in ihren festen Händen.

Kinder, überall sehe ich Kinder, und ihre Gegenwart macht mich froh.

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2010_03_30

Also Sonntag und Montag verliefen recht entspannt. Am Sonntag war ich mit Aaron im Spital, und heute mein Mann. Von "Regenerieren" keine Spur, Aarons Blutwerte sind und bleiben im Keller, aber ich hab heute schon drüber gescherzt, dass es Aaron scheinbar darauf anlegt, noch länger zu Hause zu sein, vielleicht doch bis Ostern? Auf jeden Fall genießen die Kinder die Ferientage zu dritt, auch wenn Simon und Miriam natürlich wieder furchtbar viel streiten, aber Aaron freut sich, dass alle da sind, und sie freuen sich, dass Aaron da ist.

In letzter Zeit hat Aaron übrigens recht normal gegessen, auch wenn er eigentlich mehr genascht hat als "vernünftig" gegessen, aber das lass ich ihm derzeit durchgehen, bin ich doch froh, wenn er überhaupt auf etwas Appetit hat. Gerstern jedoch hatte er überhaupt keinen Appetit, er hat nicht einmal genascht, und das einzige was er gegessen hat den ganzen Tag über, war ein Mini-Wurstsemmerl am Abend. (Wenigstens hat er getrunken!) Heute wiederum hat er die ganze Krankenhausportion des Mittagessens verputzt und noch einen Schoko-Pudding hintennach, und zu Hause hat er auch noch Verschiedenes genascht und gegessen. Wieso sich das so plötzlich ändern kann? War aber auf jeden Fall eine positive Veränderung!

Während Markus heute mit Aaron weg war, habe ich die Terrasse abgeräumt, sauber gemacht und auch dort den neuen (wischbaren) Bodenbelag verlegt. In der Früh hatte ich Aaron nämlich versprochen, wenn er mit Papa (anstatt mit mir) ins Spital fährt, darf er dafür danach mit uns allen auf der Terrasse mit dem großen Playmobil-Zug spielen. (Da musste er doch wieder nach Hause kommen, oder? ;-)



Gestern habe ich angefangen, die Sandmulde umzufunktionieren. Dazu wollte ich den Sand, den wir in einer Grundstücksecke noch als Reserve unter einer Plane hatten, in die Sandmulde schaufeln, sodass sie ebenerdig voll ist und flach abgedeckt werden kann. Bei etwa der Hälfte der anstrengenden Schauflerei hab ich dann aber an Markus übergeben, der's mir dankesnwerter Weise fertig gemacht hat. Heute hat er dann auch noch den Kindern beim Einebnen und Feststampfen geholfen, sodass ich den alten Teppichbelag von der Terrasse gleich zum Abdecken der Sandmulde verwenden konnte. Den Platz hinterm Hügel, wo der Reserve-Sand gelagert war, hab ich gestern auch noch gleich umgestaltet (Autoreifen-Treppe auf den Hügel hinauf gebaut), und Simon hat fest gehäkselt, um die frische Erde gleich wieder abdecken zu können. Jetzt haben wir im Garten schon sehr viel geschafft. Die schwierigsten Umgestaltungen sind erledigt, und Aaron genießt den Garten total. Unter die Weiden auf den Teppich (wo die Sandmulde war) werde ich noch irgend etwas Nettes hinstellen, ein Zelt zum Beispiel, vielleicht mit einem Bällebad drin?, oder ein Planschbecken voll Blähton-Kugerl als Sandersatz, oder vielleicht eine Hüpfburg? Wie gut, dass mir das Garten-gestalten wirklich Spaß macht, auch wenn ich heute wiedermal am ganzen Körper steif bin von der ungewohnt schweren Arbeit.

Morgen fahren die Großen zu meinem Vater. So sehr mich das für sie freut (zu Ostern waren wir fast immer dort), ein bisschen traurig macht es mich schon, dass sie weg sind, wenn ich mit Aaron vielleicht eh noch zu Hause bin. Als wir das ausgemacht haben, hatte ich angenommen, ich würde mit Aaron im Spital sein, und jetzt freuen sie sich schon drauf, also sollen sie fahren, es wird ihnen auch gut tun.
Schon am Samstag vorm Palm-Sonntag machte ich uns ein (fast) richtiges Osterfrühstück, weil wir ja nicht wissen, ob wir zu Ostern alle beisammen sein werden können, deshalb machen wir jetzt fast jeden Tag "Osterfrühstück", wird schon richtig inflationär ;-)

Dienstag, 23. März 2010

wieder eingesperrt

2010_03_23

Heute ist das eingetreten, was ich zu Beginn unseres ersten "Heimurlaubs" ständig erwartete, nämlich dass ich mit einem fröhlichen Kind in die Tagesklinik komme und es dann trotzdem heißt: "Es ist besser, Sie bleiben über Nacht hier". Nur ist dieser Fall jetzt eben so lange NICHT eingetreten, dass ich überhaupt nicht mehr darauf vorbereitet war. Ich hatte nicht einmal eine Zahnbürte im Gepäck, geschweige denn Wäsche zum Wechseln.

Aaron geht es gut. Nur hängt er grade erst jetzt (bis 22h) an der Blutkonserve, die wir planmäßig in der Tagesklinik bekommen hätten sollen. Es begann damit, dass die Schwestern dort so einen Stress hatten, dass wir fast 2 Stunden auf's Blutabnehmen warten mussten. Als der Befund da war, war es Mittag, und da war das Konzentrat, das eigentlich vor zwei Tagen bestellt worden ist, plötzlich nicht auffindbar. Soweit ich mitbekommen habe fand es sich dann doch noch, aber dann gab es Probleme mit dem "Kreuzabgleich", fragts mich bitte nicht was das genau ist; irgendeine letzte Kontrolle, ob das Blut in der Konserve mit Aarons auch verträglich ist. Naja, ohne Zufur von Erys wollten sie uns dann nicht nach Hause lassen, außerdem sind die anderen Werte derzeit auch allesamt sehr niedrig, und last but not least wollte der Arzt auf Nummer Sicher gehen, weil ich ihm erzählt hatte, dass Aaron gestern auf den Kopf gefallen ist.
Das hab ich noch nicht erzählt: Er beugte sich vom Stuhl - normale Höhe, kein Hochstuhl - um etwas aufzuheben, bekam das Übergewicht und köpfelte ungebremst in den Holzboden, mir direkt vor die Füße. Hat mir einen Riesen-Schreck bereitet, aber Aaron lachte bald wieder und am Telefon sagte der Arzt, wenn er nicht irgendwie auffällig sei, müsse ich nicht sofort herkommen. Aaron war höchstens auffällig lustig. Heute Morgen hat er allerdings seine Medikamente erbrochen, was in den letzten Tagen nie der Fall war.
Auf jeden Fall wollte der Arzt, dass wir zur Sicherheit hier blieben, was wir natürlich auch taten. Mich hat das wahrscheinlich mehr gestört als den Aaron. Draußen schien die Sonne und wir waren bis 16h in dem kleinen Abteil der Tagesklinik eingesperrt, wo man die Sonne höchstens ahnen kann und wo es immer irgendwie unangenehm kühl (oder stinkig E-Radiator-heiß) ist. Aaron reagierte auf die Nachricht, dass wir hier bleiben müssten so wenig, dass ich sie drei mal wiederholte um sicher zu gehen, dass er mich verstanden hatte. Ja, hatte er, war aber auch okay. Cool.

Miriam machte sich Sorgen, wusste nicht so recht, ob sie es mir glauben könnte, dass nichts Schlimmes sei, denn damals, im Jänner, als die Krankheit diagnostiziert wurde, hatten wir sie ja auch Tagelang im Unklaren gelassen. Da sieht man wieder wie sehr es doch das Vertrauen stört, wenn man Kindern nicht gleich die Wahrheit sagt. War aber damals nicht gut anders möglich, weil Markus wollte, dass ich es ihnen sage und ich es ihnen nicht am Telefon sagen wollte.

Montag, 22. März 2010

einfach raus

2010_03_22

Dass ich am Samstag die Show meiner Bauchtanz-Gruppe verpasste, hat mir den nötigen Anstoß geliefert, mich endlich auch wieder um mich selbst zu kümmern. Gestern Sauna, heute Tanzen. Als das erste Treffen nach der Show, war der heutige Abend genau was ich brauchte. Ohne es zu wissen hatte ich exakt das vor etwas mehr als einer Woche hier als Wunsch geäußert. Die Tänzerinnen waren alle noch ziemlich aufgedreht von dem gelungenen Auftritt, es war laut und lustig. Dazu noch laute fetzige Rhythmen und endlich wieder mich bewegen zur Musik. Ich fühlte mich einfach wohl, auch, weil sich so viele so offensichtlich freuten, mich wiederzusehen. Obwohl ich nicht dabei war, ich fühlte mich sofort "zu Hause" in der Runde. Es tat soo wohl.

A A R O N

Immer wieder sagt man mir, wie stark ich bin, wie toll ich das mache, etc.
Das liegt vielleicht auch daran, dass ich hier sehr viel über mich schreibe. Ist ja auch logisch, schließlich stammt all das "Geschreibsel" hier ja von mir. Klar ist es deswegen auch ein bisschen meine Geschichte. Aber bitte, der eigentliche Star dieser Geschichte heißt AARON, uneingeschränkt und eindeutig. Er ist einfach unglaublich. Er ist großartig. Er ist schlicht bewundernswert. Ich weiß, ich bin seine Mama, und jede Mama bewundert ihr Kind, und deshalb klingt das hier jetzt vielleicht ein wenig - komisch(?).
Aber wirklich, ich beuge mich in Achtung vor diesem Kind.

Sonntag, 21. März 2010

being philosophical

2010_03_21

Zukunft, was ist das? Und wo ist unser Weg? Warum ist es so und nicht anders? – I’m being philosophical. Das liegt daran, dass ich heute in der Sauna war und endlich wieder einmal Gelegenheit hatte die Gedanken schweifen zu lassen. And the reason I’m writing English, well, I’ve been reading Nick Hornby. Wahnsinn, ich war in der Sauna und ich hab in einem Buch gelesen! Slam - It got me thinking about the „future“, that one.

Als ich jung war, dachte ich wie wohl die meisten jungen Leute, ich könnte den Weg bestimmen, den ich im Leben gehe. Oft machte ich mir Gedanken über das scheinbare Paradoxon von Vorherbestimmung vs. Entscheidungsfreiheit. Wenn alles vorherbestimmt ist, wo bleibt dann die Entscheidungsfreiheit, so dachte ich. „Vorbestimmt“, das hatte für mich den Beigeschmack von „wozu sich dann überhaupt noch bemühen“. Deshalb kam ich mit dieser Idee nicht klar. Allerdings übersah ich dabei das Wesentliche.

Als ich jung war, hab ich versucht mein Leben zu planen. Hab mir unendlich viele Gedanken darüber gemacht, welchen Weg ich wählen sollte, welche Abzweigungen nehmen,… Seit Aaron beschloss, zur Welt zu kommen, ist in meinem Leben viel geschehen, das sich meiner Planung entzog. Wenn ich auf den wilden Zickzack-Kurs der letzten Jahre zurückblicke, dann sieht es fast so aus, als sei mir mein Leben entglitten, und doch weiß ich, dass das so nicht stimmt, dass alles was geschah mich einen Schritt weiter brachte. Heute weiß ich nicht nur, dass mein Weg durchs Leben sehr wohl einem gewissen Plan zu folgen scheint (und zwar nicht dem meinen), sondern auch, dass es gut ist, so wie es ist. Es ist kein Paradoxon. Denn das Wesentliche ist nicht, welchen Weg wir gehen, sondern wie wir ihn gehen. Es kommt darauf an, wie wir leben, jeden einzelnen Tag von neuem. Die Tatsache, dass der Weg schon fest steht, ist keine Einschränkung in unserer Entscheidungsfreiheit, sie befreit uns jedoch von der Sorge um die Zukunft.

Erst wenn wir das begriffen haben, können wir wirklich jeden Tag leben, nicht nur teilweise, sondern voll. Erst wenn wir unsere Energie nicht mehr mit der (unnötigen) Sorge um das Morgen verschwenden, können wir sie voll und ganz im Heute nutzen, denn nur im Heute leben wir.

Seit Jahren beschäftigen mich Sprüche wie „carpe diem“, „Achte gut auf diesen Tag, denn er ist das Leben. …“, etc. Aber erst jetzt verstehe ich das auch zu leben. Viele Menschen fragen mich, woher ich die Kraft nehme. Die Antwort ist, sie ist einfach da, sie war die ganze Zeit über da, und das ist sie in jedem von uns. Sie war nur zu zerstreut. Jetzt ist sie gesammelt. Jetzt kann ich sie nutzen, an dem einzigen „Ort“ wo man seine Kraft je benützen kann, im Hier und Jetzt.

Tagesklinik

2010_03_20

Ich arbeite zu viel. Für mich selber bleibt derzeit nichts. Heute Abend ist die Aufführung meiner Bauchtanzgruppe, bei der ich eigentlich mittanzen hätte sollen. Die Tänze zu denen ich eingeteilt war konnte ich schon alle, aber da ich seit Jänner nie zu den Proben konnte, hab ich mich natürlich abgemeldet. Allerdings hätte ich sehr gern wenigstens zugeschaut, und jetzt hab ich so lang nicht auf den Kalender geschaut, dass ich gerade eben erst bemerkt habe, dass schon der 20. ist. Jetzt ist es zu spät. Und hundemüde bin ich auch. Jeden zweiten Tag fahr ich mit Aaron in die Tagesklinik - da verliert man irgendwie die normale Wochenstruktur. An den Tagen zu Hause arbeite ich viel. Es muss jeden Tag alles feucht gewischt werden, und wir haben Unmengen an Wäsche. Weil der Holzboden in unserer Küche die ständige Wischerei mit scharfen Mitteln nicht aushält, hab ich heute dort Linoleum verlegt, was recht schwierig war, denn der Raum hat mehrere Winkel und einen 45 Grad schiefen "Spitz", der dann aber nicht genau 45 Grad war, obwohl ich das so geplant hatte, naja, war schwierig. Hab es trotzdem geschafft, und die Küche ist jetzt nicht nur problemlos wischbar, sie sieht auch noch recht hübsch aus. Der neue helle Bodenbelag macht den ganzen Raum gleich noch freundlicher. Ich freu mich dann, wen ich so was geschafft hab. Trotzdem bin ich total erledigt.

Seit einigen Tagen geht es Aaron wieder besser. Endlich erbricht er nicht mehr und hat wieder Appetit. Nach der letzten Chemo hat das ja wirklich lange gedauert, da hat er mir schon recht leid getan. Obwohl die ambulante Behandlung für mich viel anstrengender ist, als wenn wir stationär sind, bin ich doch sehr froh, dass es derzeit noch so geht. Die Tage an denen wir nicht ins Spital müssen, genießen wir dann. Gottseidank wohnen wir so ländlich. Wochentags kann ich mit Aaron am Vormittag zum Spielplatz gehen ohne dass er einen Atemschutz tragen muss, weil wir da absolut niemanden treffen. Und am Nachmittag kann ich zumindest mit ihm in den Garten gehen. Heute habe ich ihm den Tret-Traktor geputzt. Eigentlich wartet er schon lange darauf, dass wir sein geliebtes Laufrad wieder aus dem Schuppen holen, mit dem er letzten Sommer und Herbst schon so toll herumgedüst ist, aber das ist jetzt einfach zu gefährlich. Ein Sturz könnte nur allzuleicht zu einer Gehirnblutung führen, auch mit Helm. Traktorfahren ist ungefährlich, und da er jetzt groß genug ist, auch die Pedale treten zu können, war er heute damit sehr glücklich, obwohl er die ganze Zeit die Maske tragen musste, weil erstens der Wind ging (Straßenstaub = gefährlich) und außerdem auch andere Kinder auf der Straße waren.

Mo und Mi muss ich Miriam nach Stockerau zum Ballett bringen. Früher bin ich in der Zwischenzeit immer entweder einkaufen gewesen, oder mit Aaron am Spielplatz. Beides geht jetzt nicht. (So öffentliche Orte sind für Aaron absolut Tabu - auch mit Gesichtsmaske.) Ich weiß jetzt nie, wohin ich mit Aaron gehen soll, weil es in der Stadt so gut wie unmöglich ist, einen Ort zu finden, wo wir keine Leute treffen. So muss er eben immer eine Maske tragen oder im Auto warten. Dabei ist mir auf jeden Fall klar geworden, wie froh ich bin, nicht in der Stadt zu wohnen.

Morgen Früh fahr ich wieder mit Aaron ins St.Anna. Hoffentlich sind wir schnell wieder fertig. Am Wochenende ist das immer ein Glücksspiel. Kann sein, dass es ruckzuck geht, weil wenig los ist, oder dass wir endlos warten, weil ja nur eine Ärztin für beide Stationen da ist. Spätestens in der Karwoche werden wir wohl wieder stationär sein. Aarons Blutwerte sind derzeit absolut im Keller. Mal sehen, wie lange wir diesmal durchhalten, bis das Fieber kommt. Der Oberarzt hat mir letztes Mal erklärt, dass es absolut normal sei, dass die Kinder zu fiebern beginnen, sobald die Immunabwehr (nach dem Tief) wieder zu arbeiten beginnt. Ob es diesmal vielleicht doch ausbleibt und wir bis Ostern zu Hause sein könnten? Ich träume schon wieder. Laut Therapieplan geht's zu Ostern mit dem nächsten Chemo-Block weiter, und vorher sind immer noch einige Untersuchungen, zu denen man schon stationär sein muss (Narkose). Wird also wohl nichts werden mit Ostern zu Hause - Fieber oder nicht Fieber. Trotzdem, vielleicht...

P.S.: Hab zum Post vom 19.2 noch Fotos hinzugefügt

Samstag, 13. März 2010

down

2010_03_13_Abend

Aarons anhaltendes Erbrechen drückt mir schön langsam auf die Eingeweide. Auch wenn ich es als notwendige Begleiterscheinung der Therapie verstehe, so fällt es doch schwer, die ständige Speiberei positiv zu sehen. (Kurz nach meinem letzten Eintrag hat er sich wieder übergeben und jetzt vor dem Einschlafen - trotz frühzeitiger "Zofran"-Gabe abermals.) Am Gang auf der Station hängen mehrere "Danke"-Bilder von ehemaligen Patienten, die es geschafft haben. Eines davon zeigt den "Leidensweg" eines Vierjährigen, der an Lympfdrüsenkrebs erkrankt war. Insgesamt macht es ja Mut, weil das Kind am Ende wieder gesund aussieht und lacht. Aber die Bilder und Zahlen in der Mitte sind halt auch nicht zu übersehen. 4 Jahre, nur noch 10 kg, ein armsehliges Würmchen, unzählige erbrochene Magensonden, die neu gesetzt werden mussten, ... Als Mutter würde ich das meinem Kind gern ersparen oder auch abnehmen, aber das geht natürlich nicht. Und wahrscheinlich ist es auch gut so. Denn obwohl Aaron noch so klein ist, so ist es doch seine Krankheit, sein Schicksal, sein Weg. Und er meistert das auch wirklich bravourös. (Wir sind heute übrigens rauf und runter mit dem Lift gefahren, und Aaron hat sogar gelacht dabei - um seine Angst zu überspielen.)
Diese letzte Chemo-Therapie zeigt nicht nur beharrliche Nebenwirkungen, sondern auch die erwünschte Wirkung hat sich rasant eingestellt. Erst nach dem Nach-Hause-Kommen hab ich den Blutbefund studiert, den die Ärztin diesmal (ganz entgegen der Gepflogenheiten) nicht mit mir besprochen hatte, und bin ziemlich erschrocken. Waren es vor zwei Tagen noch weit über 1000 Leukozyten, so ist deren Zahl in dieser kurzen Zeit auf nur 420 geschrumpft. Somit sind etwa 4/5 der weißen Blutkörperchen, die Aarons Körper in den letzten Wochen (unter Aufgebot all seiner Kräfte) produziert hat, wieder vernichtet worden. Ich hoffe nur, es hat die Reste der abartigen auch erwischt, wo immer sich diese gerade verschanzt haben mögen. So nieder war Aarons Leukozyten-Wert überhaupt noch nie, und im Nachhinein fand ich es schon etwas seltsam, dass er heute im Spielzimmer alles angreifen durfte und keine Maske tragen musste. Das war sicherlich nicht gut, aber es war halt kein Zimmer frei, und die Station ist für Tagesklinik-Kinder nicht entsprechend ausgerüstet. Am Montag ist die Tagesklinik wieder offen. Dort werden sie hoffentlich wieder ein Extra-Zimmerchen für uns haben. Denn so nett es ist, wenn Aaron alles darf, Schutz geht vor.

Wir mussten heute sehr lange warten und machten uns erst um ca. 14h auf den Heimweg. Nachdem Aaron im Auto eingeschlafen war, war ich richtig bedrückt und merkte plötzlich, dass die Zeit gekommen ist, da ich endlich wieder einmal etwas für mich tun sollte. Zuerst dachte ich an Wellness, aber da ich die Sache mit meiner Darmerkrankung immer noch nicht habe abklären lassen (hätte Ende Jänner zu einer Darmspiegelung sollen), wusste ich nicht, ob das so eine gute Idee sei. So richtig ausdauernd zu Schwimmen, mich mal wieder auszupowern, das täte mir auch gut, nur ohne Wellness danach fehlt es der Schwimmerei halt auch an Attraktivität.
'Ich bräuchte fröhliche Leute um mich, irgendein Fest', dachte ich. Aber irgenwie tat ich mir schwer mit der Frage, wen ich denn nun anrufen sollte. Niemanden der zu viel fragt, niemanden bei dem ich zu viel reden muss, und um Gottes Willen niemanden, der mich oder den Aaron bemitleidet. Am liebsten hätte ich laute Musik und viele Leute um mich gehabt, und jemanden, der mich einfach in den Arm nimmt.

Naja, die Stimmung zu Hause war dann nicht so zum In-den-Arm-nehmen, und da das Essen so spät fertig wurde, ich es mir aber trotzdem nicht entgehen lassen wollte (Markus hatte Pasta Asciutta gekocht, und die kocht er am allerbesten), hatte ich danach mit vollem Bauch natürlich erst recht keine Lust mehr zum Schwimmen. Aber nachdem die Kids sowieso einen Film schauen wollten, verzog ich mich zumindest ins Schlafzimmer und las ein bisschen in einem guten, spannenden Buch.

abwärts - aufwärts

2010_03_13 - 2B-Tagesklinik

In der Nacht von Freitag auf Samstag hab ich Aaron fast stündlich aufgeweckt. Jedesmal hat er dann ein oder zwei Schuck Wasser getrunken. Das Frühstück am Samstag hat er allerdings wieder erbrochen, ich gab ihm aber noch "Zofran" und wartete noch 1/2 Stunde, danach trank er und erbrach nicht mehr, weshalb ich beschloss zu Hause zu bleiben. Er hat den Samstag über zwar kaum etwas gegessen, aber recht viel getrunken, und als ihm am Nachmittag wieder übel wurde, bekam er nochmals "Zofran", das Medikament gegen Übelkeit.
Schwierig derzeit ist, dass Aaron mir meist nicht die Wahrheit sagt, wenn ich ihn frage, wie es ihm geht oder ob ihm schlecht sei. Er sagt einfach, es geht ihm eh gut, weil er zu Hause bleiben will. Wenn ich ihm dann glaube und ihm kein "Zofran" gebe und er danach wieder alles erbricht, was er getrunken hat, so ist das natürlich kontraproduktiv. Es gehört also viel Fingerspitzengefühl dazu rechtzeitig zu erkennen, ob ihm schlecht ist, oder ob er nur müde ist. Oft wird ihm nämlich auch schlecht, wenn er sich beim Spielen körperlich überanstrengt hat.
Heute scheint es ihm schon wieder ein bisschen besser zu gehen. Er hat zwar wieder sein Frühstück erbrochen, aber das lag wahrscheinlich daran, dass ihn vor den Medikamenten so grauste. Er muss drei Mal pro Tag mehrere Medikamente einnehmen. Wenn ihm davor schon nicht ganz gut ist, dann besteht immer die Gefahr, dass alles wieder retour kommt. Normalerweise gebe ich ihm die Medikamente deshalb zeitlich versetzt und achte darauf, dass er nicht zu viel dazu trinkt, aber da wir heute zur Kontrolle ins Spital mussten, gab ich ihm alle drei auf ein Mal, und Schwupps, retour. Schön langsam sollte die Übelkeit allerdings wieder verschwinden. Abwärts wird es in nächster Zeit nur mit dem Blutbild gehen, aber das ist ja erwünscht.
Momentan sind wir im Spielzimmer der Station und Aaron beschäftigt sich intensiv mit dem Playmobil-Rettungswagen und Krankenhaus. Schön, dass er derzeit die Spielsachen hier angreifen darf. So ein Rettungssauto (mit Blaulicht und Sirene) werde ich ihm wohl zum Geburtstag kaufen.

Donnerstag, 11. März 2010

Pflasterwechsel, Erbrechen und nach Hause

2010_03_11

Wir sind zu Hause.
Das ist die gute Nachricht.
Kann sein, dass ich noch heute Nacht wieder rein muss, das ist die schlechte, aber ich hoffe natürlich, dass nicht.
Seit Aaron heute Vormittag von der Infusion abgehängt wurde, hat er sehr wenig getrunken, und das Wenige wieder erbrochen. Am Abend habe ich im St.Anna angerufen, und die Ärztin hat gesagt, entweder er trinkt, oder ich soll ihn wieder zusammenpacken. Daraufhin hab ich ihn nochmal aufgeweckt und er hat nach langem hin und her und viel gutem Zureden 40ml getrunken. Ich werde ihn noch öfters aufwecken müssen heute Nacht, denn 40 ml, das ist nicht mal die Menge, die er über den Schlauch pro Stunde bekommen hat.
Also Aaron, sei weiterhin so vernünftig wie bisher und TRINK!
Wenigstens hat er das Medikament geschluckt, das gegen das Erbrechen hilft.
Diesmal hat ihn die Chemo doch sehr stark mitgenommen, und man merkt es ihm auch an. Gestern und heute hatte ich das Gefühl, er sagte nur, dass es ihm gut geht, weil er weiß, dass er sonst nicht nach Hause fahren kann.
Heute musste auch wieder das Pflaster beim Katheder gewechselt werden. Er brüllte schon, als wir sagten, er solle sein T-Shirt ausziehen. Es war sehr viel Geduld nötig, bis er wenigstens "oben ohne" war. (Danke Schwester Monika!) Es ist weniger das Pflaster, vor dem er Angst hat, als der Katheder selbst, drum bin ich wieder mit ihm zum Spiegel gegangen und hab versucht, ihn dazu zu überreden, sich das Ding einmal anzusehen. ("Schau mal, so schlimm schaut das doch eigentlich gar nicht aus", etc.) Aber darauf ist er mir nicht eingestiegen. Hat einfach in eine andere Richtung geguckt. Er sagte: "Ich hab Angst!" Und ich erwiderte, dass ich weiß, dass er Angst hat, und dass das auch okay ist, dass er aber doch so ein mutiger Bub ist, so mutig wie der kleine Bär. Und dann erzählte ich ihm nochmal den Teil der Geschichte, wo der kleine Bär Angst hat vor den Bienen, aber doch den Honig holen will. Und Papa Bär sagt: "Mach schnell. Du hast ein dickes Fell, die Bienen können dir nicht weh tun. Nur Mut." Und hinterher ist der kleine Bär natürlich total stolz, dass er es geschafft hat. (Ich hab dich lieb, Papa Das ist schon lange eines seiner Lieblingsbücher, weshalb ich es natürlich schon längst auswendig kann.) Mit nochmals viel viel Geduld durfte Schwester Monika ihm schließlich doch das Pflaster wechseln.

So, und jetzt werde ich ihn wohl nochmal aufwecken gehen, damit er trinkt.

3. Chemo-Block überstanden

2010_03_11

Mit dem 3. Chemo-Block haben wir schon mehr als die Hälfte der Intensiv-Chemo-Therapie überstanden!!
Gestern war ein sehr intensiver Therapie-Tag, und Aaron musste sich sehr oft übergeben, obwohl er nichts aß oder trank. Trotzdem war er zwischendurch immer wieder auch lustig. Die letzte Infusion startete um 21h, wir hätten also, auch wenn wir gewollt hätten, gestern nicht mehr nach Hause gekonnt. In diesem Moment (Es ist etwa 10h Vormittag.) beraten Arzt und Schwestern drüben im Besprechungszimmer, wie es weitergeht. In der Früh wollte Aaron immer noch nichts essen oder trinken. Wenn ich ihm etwas anbot, schrie er mich nur an: "Du weißt doch, mir ist SCHLEEECHT!!!" Vor einigen Minuten aber hat er sein Milchbrei-Fläschchen leer getrunken, und es scheint so, als blieb es auch dort, wo es hingehört.
Hoffentlich!
;-)

Dienstag, 9. März 2010

Appetitlosigkeit

2010_03_09

Was Aaron heute zu sich genommen hat:
100ml Fruchtmilch und 1/5 Semmerl zum Frühstück
200ml Saft zum Runterspülen der Medikamente
2 Bissen Palatschinke
Alles kein Problem. Flüssigkeit bekommt er über die Infusion und die Chemo-Blöcke sind ja zeitlich eng begrenzt, da nimmt er nicht viel ab, auch wenn er (wie so viele andere Kinder hier) nichts ist.
Aber es sagt etwas aus darüber, wie es ihm geht. Er, der eigentlich so gerne isst, der in der Anfangszeit auf dieser Station so begeistert war von Kipferln und Fruchtzwergen, aber auch alles andere gern gegessen hat, er, der stündlich gesagt hat: "Ich will was essen." ... Derselbe Bub knappert jetzt höchstens an einem trockenen Semmerl und so gern er heute mit seiner Schwester Palatschinken gegessen hätte, er konnte nicht. Und wenn er "Schokolade" hört, dann wird ihm schlecht, was ihm wohl auch so die meiste Zeit über ist. Wenn man ihn fragt, wie es ihm geht, sagt er meistens: "Gut." Und er ist auch meist recht fröhlich. Nur manchmal ist er still und blickt zu Boden, und wenn ich mit ihm allein bin, sagt er mir dann manchmal, er sei traurig, oder es sei ihm schlecht, oder einfach: "Es geht mir nicht gut."

Vormittags ist jetzt nicht mehr viel los. Da es Aaron besser geht, kommt kaum je die Physio-Therapeutin oder die Ergo-Therapeutin zu ihm. Es gibt wohl Kinder, die sie dringender brauchen. Zu Mittag löst mich die Kindergärtnerin kurz ab, damit ich essen gehen kann oder einfach kurz raus. Heute Nachmittag kam Miriam, worüber sich Aaron sehr freute. Trotzdem war er dann manchmal ganz plötzlich aggressiv auf sie. Aber sie hat es ihm nicht übel genommen. Außerdem musste sie, die sich so vor Spritzen fürchtet, heute eine Blutabnahme über sich ergehen lassen. Von der ganzen Kernfamilie wird Blut eingesandt zum Vergleich mit Aaron für eine eventuelle Knochenmarksspende.

Am Abend war Aaron traurig, weil Miriam gehen musste, und weil Papa nur sehr kurz dagewesen war, um sie abzuholen, aber keine Zeit für Aaron gehabt hatte. Es war schon 19h30 und Miriam muss schließlich nach Hause, wenn morgen Schule ist. Morgen werden wir sicherlich nicht heimfahren. Aaron bekommt am Vormittag eine Narkose und Lumbalpunktion, wobei ein starkes Zytostatikum ins Rückenmark injiziert wird, und am Nachmittag noch eine Idarubicin-Infusion. Es wäre unklug, daraufhin mit ihm am Abend noch heim fahren zu wollen, zumal ihm doch auf das Idarubicin immer so schlecht wird. Hier kann er ein gutes Medikament gegen Übelkeit bekommen, dann in Ruhe schlafen, und ist dann am Do hoffentlich fit für die Aufregung des nach Hause Kommens.

Übrigens: Meine Putzfrau kommt nicht mehr. Es ist ihr zu mühsam.
Ich hatte das ursprünglich befürchtet, aber nachdem ich sie kennengelernt hatte, eigentlich wirklich nicht mehr erwartet.

Montag, 8. März 2010

Intensiven Chemo-Tag gut überstanden


2010_03_08

Aaron ist meist fröhlich (siehe Video unten - leider vom Hdy, schlechte Qualität), nur hat er keinen Appetit und ein mal pro Tag lässt sich starkes Erbrechen einfach nicht vermeiden.

Zytostatika haben oft lustige Farben. Einmal hatten wir ein blaues, das grünes Lulu produziert. Das Orange im Bild ist Idarubicin. Heute hat Aaron die schlimmsten Infusionen verschlafen, und als er erwachte und ihm schlecht wurde, war es eh schon fast Zeit für das Medikament gegen Übelkeit, so war ihm bald wieder besser.

Morgen kommt Miriam, und wenn's stimmt, dürfen wir schon übermorgen Abend wieder heim.

Übrigens: Heute Vormittag mussten wir mit dem Lift fahren, da die Kinder während der Chemo-Infusionen nicht abgehängt werden, und aber vor der Gabe von Idarubicin in den Keller zum Herz-Ultraschall und EKG müssen. Aaron hatte wieder panische Angst und hat beim Hinunterfahren geschrien. Beim Hinauffahren allerdings nicht mehr.

wieder eingesperrt




2010_03_07

Kaum hat Aaron Lunte gerochen, ist es auch schon wieder vorbei mit der Freiheit. Weil jetzt 24h die Chemo-Infusion läuft, darf er das Zimmer wieder nicht mehr verlassen. Wir haben das Dreirad deshalb ins Zimmer geholt, die "Leine" reicht gerade bis an die (wenigstens offene) Tür.
Weil man hier nicht so toll fahren kann, wurde das Motorrad meist "repariert".

Ansonsten ist der Sonntag recht gut verlaufen. Zu Mittag löste mich mein Mann ab und ich konnte den Nachmittag mit meinen Großen zu Hause verbringen. Am Abend war ich ganz wirr im Kopf vom Monopoly spielen. (Das hat Simon zu Weihnachten bekommen und wir hatten ebenfalls noch nicht Gelegenheit gehabt zu spielen.) Außerdem war ich ein bisschen down, beim Zurückfahren ins Krankenhaus, fühlte mich irgendwie zerrissen. Hoffentlich dürfen wir bald wieder nach Hause.

Samstag, 6. März 2010

Ein Tag mit Höhen und Tiefen




2010_03_06 (Samstag)

Zuerst das Positive, das ihr ja auch auf den Bildern sehen könnt. Aaron durfte heute erstmals aus dem Zimmer raus und am Gang Dreirad und Bobbycar fahren. Das allein ist nach der langen "Einzelhaft" ja schon ein Grund zum Feiern. Und weil es am Wochenende eh so langweilig ist im Spital, war es uns eine sehr willkommene Abwechslung. Erst fuhr er vorsichtig und langsam ein paar Runden mit dem Dreirad, da konnte ich mit dem Infusionsständer, von dem er wegen der Medikamente leider nicht abgehängt werden konnte, noch leicht folgen. Doch bald gewann er an Sicherheit, und als er auf das Bobbycar umsattelte, war er kaum noch zu halten. Er düste den schmalen Gang entlang und haarscharf an offenen stehenden Türen vorbei, sodass ich kaum nachkam und nicht nur einmal mit dem sperrigen Ding irgendwo dagegenfuhr. Nachdem er wieder auf das Dreirad umgestiegen war, schaffte er es übrigens, auch damit für mich viel zu schnell um enge Kurven zu fahren, sodass ich schließlich wieder recht froh war, als die Geräte an meinem Ständer eines nach dem anderen wegen schwacher Akkus Alarm schlugen und Aaron einsah, dass wir wieder ins Zimmer mussten.

Immerhin hatte er nach der vielen Raserei ein bisschen Appetit bekommen und aß einen kleinen Teller Nudeln. Wie viel davon sinnvoll war, kann ich nicht sagen, denn später (in meiner Abwesenheit) ging wieder die große Speiberei los.
Mein Mann löste mich am Nachmittag ab, Simon brachte ich zu einem Freund und den restlichen Nachmittag verbrachte ich mit meiner Tochter zu Hause. Zuerst geriet ich leicht im Stress wegen der übervollen Wäschekörbe, wollte ich doch frisches Gewand für Aaron einpacken und nasse Schmutzwäsche in die Waschmaschine stecken. Aber Miriam half mir, und so hatten wir's schließlich doch noch sehr gemütlich und spielten zum Abschluss endlich das neue Spiel, das sie zu Weihnachten bekommen hatte.
Währenddessen übergab sich Aaron beim Papa im Spital mehrmals, bis er das Medikament gegen Übelkeit bekam. Er hat heute schon zwei verschiede Zytostatika (Chemo-Chemotherapie) bekommen, eines davon läuft jetzt 4 Tage lang ununterbrochen über die Infusion, zwei andere Medikamente bekommt er jeweils kurz aber dafür hoch dosiert zwischendurch (ebenfalls Infusionen). Letzere sind es meistens, die die schlimmere Übelkeit verursachen. Am Abend, als ich wieder hereinkam, war Aaron übrigens wieder recht guter Dinge und schlief dann schnell ein.

Freitag, 5. März 2010

5. März 2010



Der coole Helm ist eigentlich ein Töpfchen, aber in der Bedienung von Mamas Laptop bin ich jetzt schon (fast) ein Meister.

Wenn ich mich zum Blut abnehmen mal nicht ins Bett legen will, geht's zur Not auch im Stehen.
Übrigens: Seit heute Nachmittag braucht [vorübergehend] nicht mehr jeder, der zu mir kommt eine Maske, und auch ich kann ohne das blöde Ding in den Behandlungsraum rüber gehen - naja, eigentlich trägt mich Mami immer, so ist das viel sicherer.


2010_03_05 (Freitag)

Freitag schon? Wir sind doch gerade erst wieder ins Krankenhaus gekommen, und doch war das letzten Sonntag. Gerade haben wir unser Wochenende geplant. Simon ist bei einem Freund eingeladen, ich werde den Samstag Nachmittag mit Miriam verbringen. Nachts werde ich bei Aaron bleiben, denn er hat wieder Chemo, und ich denke, er wird mich brauchen.

Am Mittwoch hatte Aaron einen Ausschlag, der aber nicht juckte, und die Ärztin meinte, es gebe ja viele harmlose Virusinfektionen, die so ähnlich wie das bekannte 3-Tages-Fieber ablaufen, und dass Aaron wahrscheinlich so etwas gehabt hätte. OA Dworzak verschrieb Aaron ein Kortison-hältiges Mittel zur Fieber-Senkung, weil er ihn für den Donnerstag, an dem etliche Untersuchungen auf dem Programm standen, fit bekommen wollte. Allerdings half das neue Mittel nicht viel, weshalb er dann wieder das alte bekam. Am Abend hatte er dann aber kein Fieber mehr, und erstmals stieg es auch in der Nacht nicht.

Gestern war ein anstrengender Tag für Aaron. (Fieber hatte er Gottseidank keines mehr.) Erstens musste er nüchtern bleiben, was aber bei seiner derzeitigen Appetitlosigkeit nicht besonders schwierig war. Die erste Station war Ultraschall und Röntgen. Aaron fürchtete sich wieder vor dem Lift, wollte aber zusehen, wie jemand anderer mitfuhr, danach musste ich ihn wieder über die Stiege tragen. Die Dame beim Röntgen war etwas gestresst und eher unflexibel. Ich hatte nicht bedacht, dass Aarons Pyjama am Halsausschnitt Knöpfe hatte, und sie meinte nur trocken: "Oberkörper frei machen.“ Na bravo. Sie hatte ja keine Ahnung was das für Aaron hieß, der beim Anblick des Katheders noch so leicht in Panik gerät, dass er sich schon im vertrauten Zimmer nicht ausziehen mag, geschweige denn vor der riesigen, „gefährlichen“ Maschine in dem großen, dunklen Raum! Ich drehte das Shirt schließlich so, dass sich die Knöpfe über der Schulter befanden , also ganz sicher nicht über der Lunge, die geröntgt werden sollte. Der zuständigen Dame war das gar nicht recht, sie willigte schließlich aber patzig ein: „Na von mir aus. Ich kann nichts dafür, wenn ihr dann nochmal kommen müsst. Ich hab noch so viele Kinder draußen sitzen, ich kann jetzt nicht länger herumwurschteln.“ (Das Röntgenbild hat dann natürlich eh gepasst.)
Den Termin zum MR hatten wir um 12, aber als ich grad unter der Dusche stand (mit Aaron in der offenen Badezimmertür, versteht sich) kam die Schwester rein und fragte mich, wann Aaron zuletzt getrunken hatte, denn wir könnten schon früher, nämlich jetzt gleich losfahren. Also schnell schnell mich selber angezogen und dann den Aaron, die Rettungsleute standen schon vor der Zimmertür. Wieder den Aaron die Stiege hinuntergetragen, nachdem er den Rettungsleuten im Lift noch nachgewunken hatte und rein ins Auto. Viel Rumpel Pumpel, weil die Rettung fast den gesamten Weg auf den Straßenbahnschienen fährt, und dann der Lift im Diagnosezentrum Urania. „Das ist ja gar kein richtiger Lift. Das ist ein ur-cooler Spiegel-Lift!“ legte sich der Ziwi ins Zeug. Und es klappte tatsächlich, wir fuhren mit dem Lift, und Aaron war mächtig stolz darauf, seine Angst überwunden zu haben. Durch den Stress bei der Abfahrt, hatte Aaron gar kein beruhigungs-Zäpfchen bekommen, weshalb ich auch nichts sagte, als ich sah, dass sie das Propofol schon aufgezogen hatten. Ist wahrscheinlich besser so, dachte ich, und gesehen hat er den „Tunnel“ ja und auch die „Zuggeräusche“ gehört, die das Gerät im Ruhezustand von sich gibt. Die Narkose war so perfekt getimt, dass Aaron sich sofort wieder aufwachte, als er aus dem Tunnel herausgeschoben wurde. So hatte er nicht das Gefühl, etwas versäumt zu haben. Und den Rausch beim Aufwachen von der Propofol-Narkose, den scheint er mittlerweile sehr zu genießen. Na bravo, hoffentlich merkt er sich das nicht. „Fahren wir wieder mit dem Spiegellift?“ – „Aber natürlich darfst du wieder mitfahren!“ Und schließlich war auch der Lift im St. Anna, der zwar keine Spiegel, dafür aber Fenster hat, auch kein Problem mehr, und durch die Vorverlegung des Termins, waren wir zur Mittagessenszeit wieder im Zimmer und Aaron aß sogar ein wenig. Mittagsschläfchen war out, so munter-lustig hab ich ihn nach einer Narkose überhaupt noch nicht gesehen.

Die Nacht wurde echt mühsam, vor allem für mich, denn es begann kurz vor Mitternacht, als ich gerade zu Bett gehen wollte. Aarons Fußsohlen begannen zu jucken, und ich verbrachte den Rest der Nacht damit, ihm die Füße zu kratzen und mit Fenistil-Gel einzucremen. Irgendwann bekam er auch intravenös ein anti-Juck-Mittel, auf das er dann 1 Stunde geschlafen hat ohne dass ich ihn ständig kratzen musste. Dann war’s wieder vorbei.
Heute schon wieder nüchtern, war aber auch kein großes Problem, vor allem weil die Anästhesistin diesmal pünktlich um 10h kam. (Ich hab’s auch schon erlebt, dass wir bis 13h warten mussten, und damals hatte Aaron noch einen gesunden Appetit.) Davor war auch noch die Physio-Therapeutin da. Aaron dürfte mit in den Turnsaal gehen, aber daraus wurde leider nichts, denn die Schwester wollte ihn wegen der bevorstehenden Punktionen nicht von der Infusion abhängen und der Lift war plötzlich wieder viel zu bedrohlich. Also brachte Isolde einen großen roten Kreisel zum Bälle drin „Zug fahren“ lassen und drin sitzen ins Zimmer, den sie uns schließlich auch noch da ließ.





Wegen der wiedergekehrten Lift-Angst war Aaron ziemlich enttäuscht, aber eine Schwester beruhigte ihn: „Man muss ja nicht gleich jeden Tag Lift fahren. Schließlich kann man ja auch nicht jeden Tag Eis essen.“ Die sind echt super hier.
Die Punktionen (Knochenmark am Hüftknochen und Lumbalpunktion incl. Zytostatika-Verabreichung) verliefen wie am Schnürchen, und mittlerweile hab ich auch keine Angst mehr vor der Narkose. In letzter Zeit hat er die ja immer gut vertragen, und für die Anästhesistin ist Aaron jetzt auch wieder ein Standard-Patient. Danach müssen die Kinder mindestens 1 Stunde flach liegen, sonst bekommen sie Kopfschmerzen. Letzeres hat Aaron 1x ausprobiert, seit dem bleibt er brav liegen. Geschlafen hat er allerdings erst viel später, am späten Nachmittag, als Miriam schon da war und auch Markus kam. So konnte Miriam wenigstens ungestört für die Mathe-SA üben, auch wenn sie selbst natürlich lieber mit dem Aaron gespielt hätte.

Mittwoch, 3. März 2010

Knetmasse




Unser wichtigstes Spielzeug hier im Spital ist Knetmasse. Die musste sogar in die Tagesklinik immer mit. Hier sieht man Aaron, der trotz 40° Fieber noch unternehmungslustig ist. Wir haben Zugschienen, und natürlich auch einen Zug dazu geformt.

2. März 2010

2010_03_02 (Dienstag) - wieder auf Station
Am Sonntag Vormittag war ich mit Aaron zur Kontrolle auf der Station 2B. Tagesklinik ist ja am Wochenende geschlossen. Wir hatten angenommen, dass Aaron wieder Thrombozyten brauchen würde und es deshalb länger dauern würde. Deshalb ist Markus nicht mitgekommen, wir wollten die Großen nicht so lang allein lassen. Allerdings war ich nicht darauf eingestellt gewesen, ohne Markus zu fahren, sonst hätte ich ein Kinderwagerl eingepackt und keinen Rollkoffer. Letzerer ist normalerweise in der Tagesklinik recht praktisch, weil da sowohl der Laptop, als auch mein kleiner Rucksack mit allem Wichtigen und auch noch Spielzeug für Aaron reinpasst, weil er ja mit den Sachen der Station nicht spielen darf. Mit Kind (das Angst hatte und nicht selber gehen wollte) und Koffer vom Parkplatz bis zum Spital war eine Herausforderung. Außerdem hat Aaron immer noch panische Angst vor dem Lift (seit der OP als er den Katheder bekam), weshalb ich sowohl rauf als auch runter jemanden bitten musste, meinen Koffer mit dem Lift zu befördern, während ich Aaron über die Stiege in den 2. Stock trug. Auf der Station war kein Zimmer frei, was recht mühsam war. Aaron musste lang die Maske auflassen, bis wir schließlich ins Elternzimmer geschickt wurden, wo es jedoch kein Mittel zur Wisch-Desinfektion gab und ich musste doch zumindest den Tisch abwischen, an dem so viele verschiedene Leute sitzen, bevor ich Aaron da spielen lassen konnte. Doch bald hatten wir uns auch dort entsprechend eingerichtet, und da kam die Überraschung: die Thrombos sind gestiegen, das ist ein Zeichen, dass die Blutbildung wieder begonnen hat und das Tief bald überwunden sein wird. Die Leukos sind noch einmal gesunken, aber man sieht an irgendwelchen anderen Werten, dass schon welche gebildet werden. Wir waren noch nicht lang zu Hause, als mir auffiel, dass Aaron fieberte. Ich maß 37,8°C und brachte ihn erst mal ins Bett, rief aber gleich auf der Station an. Die sagten, wenn das Fieber steigen sollte, würden sie auf der Nachbarstation ein Zimmer für uns finden. Als er aufwachte hatte er 38,6° und war gar nicht gut drauf, schon gar nicht, als ich ihm sagte, wir müssten ins Spital fahren. Vor allem war er so enttäuscht, weil er am Vormittag so tapfer gewesen war beim Pflasterwechsel, weil er ein Spritzfestes Pflaster bekam, damit er wieder planschen dürfe. Darauf freute er sich so, drum ließ er den Pflasterwechsel zu. Und jetzt war das umsonst gewesen.
(Am Samstag hatte Aaron bemerkt, dass es lustig ist, seinen kahlen Kopf ins Bidet zu stecken und das Wasser einzuschalten. Deshalb hatte ich am Abend mit ihm in der Duschwanne „gebadet“. – in 5cm hoch Wasser. Er hatte riesengroßen Spaß dabei und goss mir wie auch sich selbst unzählige Male Wasser über den Kopf. Ich wusste, dass das Pflaster des ZVK am So gewechselt werden musste, drum war’s nicht so schlimm, und die Bommel hatte ich in Plastik gewickelt.)
Es war etwas mühsam, das Notwendige herzurichten, während Aaron so weinte und nur auf meinem Arm sein wollte. Aber das meiste wartet ja eh schon seit fast zwei Wochen im Kofferraum von Markus‘ Auto. Im Spital angekommen war das Fieber bereits auf über 40°geklettert. Ich hatte Aaron versichert, dass wir wieder nach Hause dürften, wenn das Fieber weg sei, und er fügte sich gut in die eh noch vertraute Umgebung ein. Nach einer Gabe Nureflex sank das Fieber bald.
Seit gestern sind wir wieder auf 2B, unser jetziges Zimmer ist sogar heller als das letzte war. Das ist gut, denn seit meinem Gespräch mit OA Dworzak weiß ich dass wir wohl bis Ende nächster Woche hier sein werden. Er will Aaron jetzt noch ein paar Tage Zeit zum Regenerieren geben, und Ende der Woche mit der nächsten Knochenmarkspunktion den nächsten Chemo-Block vorbereiten. Danach dürfen wir voraussichtlich wieder heim, solang es eben geht, bis die Blutwerte wieder im Keller sind.
Aarons Fieder kommt und geht, steigt immer wieder recht schnell über 40° dazwischen ist er aber recht lustig. Nur Appetit hat er keinen. Er bekommt jetzt aber auch grad 3 verschiedene Antibiotika, da wundert das nicht. Das Fieber selber beunruhigt den Arzt übrigens auch nicht. Es ist wahrscheinlich einfach ein Zeichen des wiedererwachenden Immunsystems.
Heute war Miriam bei uns. Aaron hatte bis zu ihrer Ankunft mitten am Nachmittag noch nichts gegessen außer ½ „Schulmaus“-Schokokipferl und etwas Milch. Das Mittagessen hatte er verweigert. Allerdings geschah dann genau das, worauf ich gehofft hatte. Für Miriam hatte ich Fleischlaibchen mit Erdäpfelpurree gekauft. Als ich ihr die auftischte und sie genüsslich zu essen begann, sagte Aaron: „Ich will auch sowas!“ Und tatsächlich haben sie dann zu zweit auch noch die zweite Portion verputzt.
Ich war in Sorge, wie Miriam es auffassen würde, dass ich nun wieder etwa 2 Wochen weg sein würde. Sie war toll. „Das schaffen wir schon,“ sagte sie. Sogar Aaron nahm die Nachricht nicht so übel auf, nachdem ich ihn endlich dazu gebracht hatte, mir wenigstens kurz zuzuhören, denn schon als ich sagte, dass ich mit Dr Dworzak gesprochen hatte, blockte er ab. Info von Dr Dworzak will er nicht hören. Schließlich gelang es mir aber, ihm zumindest kurz zu vermitteln, dass wir doch nicht schon morgen oder übermorgen nach Hause dürfen, sondern erst, wenn er seine wichtige Medizin bekommen habe.

Physiotherapie-Raum






In der Tagesklinik durfte Aaron 2x in den Turnsaal gehen. Das war eine richtige Belohnung. Dort ist es fast wie im Kindergarten. In das Bällebad durfte er nur ein mal. Die Bälle werden 1x pro Woche durch frisch gereinigte ersetzt, trotzdem ist für Aaron die Infektionsgefahr dort hoch, aber ob das nun klug war, oder nicht, dieses eine Mal hat er sehr genossen.

24. Februar 2010

2010_02_24
Tagesklinik – zum wievielten Mal? 4?
Naja, ist ja auch egal. Vorgestern war ich ziemlich down deswegen, weil ich jeden 2. Tag damit rechnen musste, wieder stationär aufgenommen zu werden, nie wusste, wie’s weitergeht. Ursprünglich dachte ich, wenn Aaron weniger als 1000 Leukos hätte, dürften wir nicht mehr heim, aber dann waren es 920 (Donnerstag) und wir durften trotzdem heim. Am Samstag waren es nur noch 800irgendwas und trotzdem durften wir heim, weil die anderen Werte gut waren und weil es ihm ja zu Hause offensichtlich gut geht. Wir waren jeden Tag einmal im Garten im Schnee, am Sonntag jedoch war Simon auch dabei, und der war zu wild, trotz mehrmaliger Ermahnung kippte Aaron um, als Simon ihn mit dem Bob um die Kurve zog. Er schürfte sich Stirn und Wange auf und blutete. Markus wollte, dass ich sofort im Spital anrufe, ich aber versorgte die Abschürfung mit Betaisodona-Lösung, so wie mir das der Arzt letztes mal wegen des Kratzers am Daumen geraten hatte, Montag Früh mussten wir sowieso wieder rein. Der Arzt schaute recht besorgt, als er Aarons Gesicht sah. Allerdings weniger wegen der Abschürfung, sondern weil er einen Schlag auf den Kopf hätte bekommen können. Tagsächlich stellte sich heraus, dass er plötzlich nur noch 18 000 Thrombos hatte. Am Samstag waren es noch 60 000 gewesen. Bei einem Sturz könnte Aaron eine Gehirnblutung haben, warnte mich der Arzt. Wir müssten eben aufpassen, dass so etwas nicht passiert. Am Montag bekam Aaron ein Thromozytenkonzentrat; der Stundenwert betrug 74 000 Leukos, und dann wurden wir wieder heim geschickt. Ich fühlte mich ziemlich unwohl dabei und fragte den Arzt nach dem weiteren Plan. Antwort: Der Plan ist, dass wir so weitermachen; bis er eine Infektion bekommt. Ich: Was wir ja nicht hoffen. Er: Naja, das wird nicht zu vermeiden sein. – Das heißt jetzt also, sie warten, bis es kracht, solange er kein Fieber bekommt, dürfen wir immer wieder heim, offensichtlich ziemlich unabhängig von den Blutwerten. Wenn die schlecht sind, bekommt er eben eine Konserve, und dann dürfen wir trotzdem wieder heim. Allerdings wehre ich mich dagegen, einfach auf eine Infektion zu warten. Ich denk mir eher: Und wenn wir die einzigen sind, mein Kind wird keine Infektion bekommen. Wieso sollte er auch, die Leukos waren vorgestern schon wieder über 1000, und zu Hause haben wir’s jetzt super sauber. Seine Medikamente nimmt er auch unglaublich brav. Ich denke wirklich, WIR schaffen das. Wir bleiben zu Hause, bis wir zur nächsten Chemo wieder rein müssen.
;-)
:-)

20. Februar 2010

2010_02_20
Heute Vormittag waren wir wieder im Spital – und durften wieder nach Hause fahren.
Es ist wie ein Wunder.
Aaron marschierte an meiner Hand in die Station und rief ganz laut: „Guten Morgen!“ Die Schwestern waren ganz begeistert von ihm. Er hat jetzt nur noch 800irgendwas Leukos. Ursprünglich dachte ich, wenn es unter 1000 sind, müssten wir wieder drin bleiben. Schon am Donnerstag hatte ich mich gewundert, dass sie uns mit 920 wieder nach Hause ließen. Aber die sonstigen Werte sind gut, keine Entzündung, und vor allem, sein allgemeiner Zustand ist sehr gut. Er hustet eigentlich gar nicht mehr. Er ist fröhlich und wird täglich stärker. Das zu Hause sein tut ihm sichtlich gut. Auch heute war er wieder draußen im Schnee, er trainiert seine Muskeln und seine Lunge. Und auch wenn es schwierig ist, neben ihm auch noch für die anderen Kinder da sein zu müssen, ich bin so froh, dass er wenigstens Geschwister hat, wo er doch überhaupt nicht unter Kinder darf in den nächsten Monaten. Heute Abend hat Markus ein bisschen mit Miriam auf der Couch gerauft, Simon hat Computer gespielt, und Aaron mitten drin, d.h. er hatte sich seinen Hochstuhl zu Simons Computer geschoben um zuschauen zu können und drehte sich immer wieder grinsend zur Couch um. Es wurde gelacht und gescherzt, und es gab wieder so etwas wie Normalität. In solchen Situationen denke ich manchmal, wenn er Haare hätte, könnte man glatt vergessen, dass er krank ist.
Es gibt auch das andere Situationen. Heute war meine Schwester Johanna da. Sie war gekommen, Simon beim „ausmisten“ seines Zimmers zu helfen. Als wir nach Hause kamen, wollte Aaron sie gleich begrüßen, aber Miriam hielt die Badezimmertür zu, damit Aaron nicht reingeht, weil Johanna sich da drin grad erst umkleiden und desinfizieren musste. Auch wollte sie sich zu Aarons Sicherheit noch einen Mundschutz nehmen, bevor sie ihn begrüßte. Er zuckte total aus, weinte und schrie und trommelte gegen die Tür, weil ich ihm zuvor erklärt hatte, dass er sich gleich beim Heimkommen im Bad die Hände waschen solle. Ich selber war noch draußen beim Auto, sollte mich selber auch noch umkleiden und desinfizieren, und hatte deswegen gewollt, dass Miriam dem Aaron beim Ausziehen helfe. Er aber fetzte nur seine Stiefel quer durchs Zimmer und ließ sich von ihr nicht angreifen. Es gibt mehrmals täglich Situationen, in denen er auszuckt. Aber er lässt sich von mir dann auch wieder recht schnell beruhigen, und die Großen sind verständnisvoll. Trotzdem bedeuten diese Situationen für uns alle echt Stress.
Wenn er entkleidet ist, ist das, was er in den vergangenen Wochen erlitten hat auch noch deutlich vor Augen. Das riesige Hämatom, Auswirkung der Blinddarmoperation bei schlechter Blutgerinnung, das seinen gesamten Unterleib überzog, hat sich endlich zurückgebildet, nur am Nabel und in der Leiste sind noch dunkel-violette Reste zu sehen. Die Narbe selbst, ein für den kleinen Bauch unverhältnismäßig groß wirkender „Reißverschluss“, ist schön verheilt, und der Anblick seines Bauches im Allgemeinen scheint Aaron nicht mehr zu beunruhigen. Anders jedoch der ZVK. Wenn Aaron angezogen ist, bewegt er sich völlig normal. Er scheint keine Schmerzen mehr zu haben und das Ding beim Spielen auch völlig zu vergessen. Aber er hat immer noch Angst, sein Leiberl auszuziehen und wagt es erst jetzt langsam, vorsichtig hinunterzuschielen. Ein Blick in den Spiegel war bis jetzt noch nicht drin. Aber immerhin hat er es heute geschafft, sich selber mit dem Waschlappen den Bauch zu waschen, bis zum unteren Rand des Pflasters, und ich durfte ihn sogar vorsichtig unter der Achsel waschen. Er weiß, dass das Ding „Katheder“ heißt, und wohl auch ungefähr, wofür es gut ist (dass da die Medizin in seinen Körper rein und das Blut zur Untersuchung raus kommt), aber er spricht davon meist nur mit „da“ oder über „das Pflaster“. Die beiden eingewickelten Schlauchenden sind die „Bommel“, ein Wort, das eine gewisse beruhigende Wirkung hat, weil die Schwestern ihm immer wieder versichert haben, dass sie zum Blut abnehmen oder Medikament spritzen nur an seine Bommel müssten, das Pflaster aber nicht anrühren würden. Die wunde Stelle am Hals ist vollständig verheilt, eine braun-rosa Narbe.
Jetzt liegt er neben mir im Bett. Vorhin ist er kurz aufgewacht und war verängstig, weil ich nicht bei ihm war. Er ist aber dann schnell und ruhig wieder eingeschlafen. Ich berühre ihn immer wieder um zu spüren, ob er eh kein Fieber hat. Eigentlich sollte ich ihm mindestens 2x täglich Fieber messen. Ich hab das bis jetzt aber noch nie getan, weil ich mir zutraue, durch Berühren alleine sofort zu bemerken, sollte er fiebern. (Unser Stirnthermometer ist so unzuverlässig, dass mein Gefühl tatsächlich verlässlicher ist.) Sollte er fiebern, so müssen wir (Tag oder Nacht) sofort auf der Station anrufen und wohl auch gleich hinein fahren. Mit 800 Leukos (statt 10 000) ist seine Immunabwehr so gut wie nicht mehr vorhanden. Jeder kleine Infekt könnte schnell gefährlich werden, sodass jede Stunde zählt.
Geschlafen habe ich gut letzte Nacht. Ich wache jetzt viel seltener auf als im Spital. In den ersten beiden Nächten in unserem gewohnten Bett hat Aaron sich ganz eng an mich gekuschelt, sodass ich immer weiter rutschen musste, um überhaupt noch Platz zu haben. Gestern wollte er das erste Mal wieder in seinem eigenen Bett schlafen. (Sein Bett ist immer noch die Babykoje, die ich damals für Miriam gebaut habe, drei Seitenteile, die offene Seite schließt nahtlos an mein Bett an.) Irgendwann in der Nacht war er dann traurig/ängstlich und ist wieder zu mir unter die Decke geschlüpft.

Dienstag, 2. März 2010

19. Februar 2010

2010_02_19 (Freitag) - erstmals nach Hause

Den Chemo-Block haben wir ganz gut überstanden, und am Dienstag, den 16. 2. kam Dr Dworzak ganz überraschend zu mir und fragte, wie das denn so sei mit nach Hause fahren. Wir hätten das Zimmer halt so viel angeräumt und so schön geschmückt, und es sei sicherlich ein großer Aufwand, aber von seiner Seite her könnten wir jetzt mal für 2 Tage nach Hause, d.h. eigentlich für einen Tag, denn wir konnten erst am Di Abend heim und am Do Früh sollten wir in der Tagesklinik sein. Ich war total überrascht und auch ziemlich nervös, aber nein sagen konnte ich auch nicht. Markus war ziemlich überfordert, Schlafzimmer noch nicht geputzt, kein Kindersitz im Auto, Miriam von einer Freundin abzuholen, etc. viele Einwände. Als Aaron kapierte, dass wir heim dürfen, war er sehr nervös. Ob ich eh auch mitkäme, fragte er, und ob wir den Dipsy eh auch mitnehmen, etc. Gottseidank gelang es mir, ihn zum Schlafen zu überreden, trotzdem war das Warten danach noch sehr lang für ihn. Ich wollte mit ihm zur 1B hinübergehen, den ‚Wauwau‘ zurückbringen, den sie mir (versehentlich?) mit in die 2B übersiedelt hatten. Aaron hatte mittlerweile so viele Stofftiere geschenkt bekommen, dass ich nicht auch noch den Stoffhund mit nach Hause nehmen musste. Aaron hatte nichts dagegen den Stoffhund zurückzubringen, ich sagte ihm, der sei dann für die Kinder, denen es noch viel schlechter gehe, so wie es bei ihm auch gewesen war auf der Intensivstation. Allerdings schaffte er es nicht, über die Brücke zu gehen, die die beiden Häuser miteinander verbindet. Er hatte total Angst. Ich musste den Wauwau alleine zurücktragen, während Aaron bei Simon im Zimmer wartete. Bewundernswert ist, dass er über seine Ängste sprechen kann. So sagte er am Abend vor dem Einschlafen zu mir. „Gell, da hab ich mich nicht getraut über die Brücke gehen. Da hab ich Angst gehabt.“ Und so konnte ich ihm versichern, dass das nicht schlimm sei, dass alle Kinder, die dort in dem Krankenhaus sind und so schlimme Sachen miterlebt haben wie er immer wieder mal vor irgend etwas Angst hätten.
Das nach Hause kommen war sehr, sehr stressig an diesem Tag. Ich musste all die Taschen auspacken, weil vieles darin war, das wir an diesem Abend noch brauchen würden. Aaron brauchte mich gar nicht. Miriam war da und all seine Spielsachen. Er war total aus dem Häuschen. Aber schließlich war es halb elf und ich war noch immer nicht fertig mit dem Nötigsten, und das, obwohl ich mich nicht ein einziges Mal hingesetzt hatte. Da waren meine Nerven dann auch ziemlich am Ende. Miriam kam auch erst um 22h30 ins Bett. Aber ich hatte mir ja sowieso vorgenommen, sie an unserem ersten zu Hause-Tag von der Schule zu Hause zu lassen. Also rief ich in der Früh ihren KV, den Reinhard an, wie erwartet sagte er, das sei kein Problem.
Markus nahm sich am Mittwoch frei, was mich zuerst nervös machte, aber dann hat er sich sehr viel Zeit genommen und unser Schlafzimmer geputzt. Ich hab auch fleißig mitgeholfen, sehr viel Wäsche gewaschen, auch die Vorhänge, und am Abend hatte ich das gute Gefühl, dass wir gemeinsam viel geschafft hatten. Miriam hat auch brav mitgeholfen und viel mit dem Aaron gespielt. Als ich am Abend (zu einer normalen Zeit, mit einem frisch gewaschenen und umgekleideten Aaron) in meinem frischen Zimmer lag, war ich so dankbar. Ich dachte an die Zeit der Intensivstation. Da wär dieses Kind fast gestorben. Und jetzt lag er wieder neben mir im Bett. Ich war so dankbar. Nachts kuschelte sich Aaron ganz eng an mich. Mit mir gemeinsam unter meiner großen Decke ist halt doch anders als im Krankenhaus mit den notdürftig zusammengeschobenen Betten.
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Nachträglich noch ein paar Fotos aus dieser Zeit:

"Schaut her, was ich gebaut habe!"
Beim Turm-Bauen mit der Physio-Therapeutin (und danach x-mal mit Mama), lohnt sich die Mühe, die das Stehen noch bereitet. Aaron vergisst dabei sogar seine Scheu davor, sich zu strecken; seine Angst vor Schmerzen durch den Katheder.

Papa bekommt täglich neue Order, was er mir alles von zu Hause bringen soll; MEINE Bettdecke, meine geliebte Schultasche (daran hat er mindestens eine Stunde lang geputzt), Miriams grüne Crogs (waren in der Waschmaschine und sind jetzt noch viel grüner!), meine liebste Sonnenbrille (da hat er ziemlich suchen müssen), ...


Lieblingsbeschäftigung Knetmasse. Auch das ist "Therapie".

Endlich wieder zu Hause!!!
Danke, liebe Kindergartenfreunde, das "Glücksnilpferd" ist super-kuschelig, und ich kann sogar darauf reiten!

9. Februar 2010

2009_02_09
Der Sonntag verlief ganz angenehm. Johanna und Arno kamen etwa um 11h. Als sie sich verabschiedeten sagte Aaron dauernd zu Johanna: „Wann kommst du wieder?“ Das sagt er zu jedem Besuch der geht. Er liebt es, Besuch zu haben. Die Kinder und Markus kamen kurz nach 14h, zogen sich um und blieben eine gute Stunde bei Aaron. Danach sind wir zu Fuß zur Lugner City marschiert, Simon und ich haben unterwegs Kebab gegessen, Miriam wollte nur dann im Kino Popcorn. Wir sahen Avatar (irgendwas mit „Pandorra“) in 3D, ein Film, der sehr gut angekommen ist. Es war auch wirklich gut. Und diesmal war es nicht so, dass ich die Realität derweil total vergaß und nachher wieder schmerzvoll zurück plumste. Ich hab mich mit der Realität versöhnt, sozusagen. Sie ist für mich jetzt einfach real. Kein Traum mehr. Es war einfach wie sonst auch im Kino. Die 3D Brille war etwas nervig. Zuerst war mir das Sichtfeld zu klein, und später drückte mich ihr Gewicht einfach ziemlich auf die Ohren. Beim Rausgehen aus dem Kinosaal (nach abnehmen der Brille) musste ich mich erst wieder an die reale 3D-Sicht gewöhnen. Irgendwie war dem, was mein Gehirn an Bildverarbeitung lieferte zuerst nicht ganz zu trauen. Offensichtlich hatte sich mein Gehirn auf das künstliche 3D eingestellt, sodass es mir dann schon normal vorkam, aber es entspricht halt doch nicht der Realität, sodass sich das Gehirn danach wieder umstellen muss, um die Wirklichkeit in gewohnter Weise zu sehen.
Und gestern? Was war eigentlich gestern?
Ach ja. Mein Vater kam ca. um 10h zu Besuch, und Aaron turnte grad so ausgelassen im Bett herum, dass er kaum krank wirkte. Seine körperliche Verfassung bessert sich wirklich von Tag zu Tag. Heute (Di) haben wir eine zweite Bodenmatte bekommen, und Aaron marschiert schon recht tüchtig im Zimmer herum, auch ohne anhalten. Ich hab das halbe Zimmer umgestellt um für die zweite Matte Platz zu schaffen, aber es rentiert sich. Der Tisch war sowieso die ganze Zeit im Weg, ich hab schon etliche blaue Flecken deswegen, und jetzt ist auch genug Platz zum am Boden Spielen, rumkugeln, (vorsichtig) raufen, Ball spielen, …
Gestern mussten wir auch zum EKG. Bevor die 2. Chemo startet, wollen die Ärzte alles noch mal durchchecken. Aaron hatte beim Runterfahren Angst vor dem Lift, also musste ich ihn am Rückweg über die Stiege tragen. Am Abend kam wieder Markus. So richtig entspannen konnte er sich auch diesmal nicht.
In der Nacht von Mo auf Di habe ich nicht viel, und vor allem nicht gut geschlafen. Aarons Sauerstoff-Sättigung schlug ständig Alarm, bis uns die Schwester schließlich einen Trichter zur Sauerstoffzufuhr brachte. Ich achtete dann ständig darauf, dass Aaron den Trichter auch wirklich vor dem Gesicht hatte, denn sobald er sich wegdrehte, schlug es schon wieder Alarm. Natürlich machte ich mir auch große Sorgen, hatten wir doch seit der Extubation keinen Sauerstoff mehr gebraucht. Trotz häufigen Inhalierens eines Medikaments (Sultanol) ist Aaron Husten allerdings auch nicht besser geworden. Er ist stark verschleimt. Wenn er konzentriert spielt, keucht er richtig beim Atmen, und auch nachts atmet er schwer. Natürlich machte ich mir große Sorgen. Um 6h früh, Aaron war wach und atmete normal, und die Messung zeigte immer noch unterdurchschnittlich an, montierte ich den Sensor von der Zehe ab und probehalber auf den Daumen, und da hatte er 97 oder 98% Sättigung. Ich war mehr erleichtert, als ich mich über die nächtlichen Störungen ärgerte. Aaron wollte schon ein Naii, und die Schwester nahm auch gleich noch Blut ab. Danach schliefen wir aber noch einmal kurz aber gut ein, bis uns die Schwester weckte, weil wir um 8h früh schon den Termin zum EEG hatten. Ich musste Aaron 3 Stockwerke hinunter und dann wieder ein Stockwerk hinauf tragen um dorthin zu gelangen, denn mit dem Lift will er nach wie vor nicht fahren. Retour dasselbe wieder, nur umgekehrt, natürlich. Beim EEG war’s sehr nett. Sie haben ur-viele Sachen von der Decke baumeln und sie zeigte Aaron auch ganz viele Spielsachen, damit die Zeit schneller vergeht. Dumm war nur, dass er nichts angreifen durfte.
Am frühen Nachmittag wurde Miriam von Erika hergebracht. (Ich ärgerte mich, weil sie sich so anstellte, den Weg vom Portier zu mir auf die Station nicht zu finden, dass Erika schließlich mit ihr ausstieg.) Ich kochte ihr Nougat-Taschen, die sie bis zur letzten verputzte, dann musste ich mit Aaron noch einen „Ausflug“ machen, Lungen-Röntgen. Aaron muss jedes Mal, wenn er das Zimmer verlässt, eine Maske aufsetzen. Wieder musste ich ihn in den Keller tragen – kein Lift! Und als wir den Raum mit dem riesigen Röntgen-Gerät betraten, bekam er solche Angst, dass ich schnell mit ihm wieder drei Schritte rückwärts zur Türe hinaus ging, um ihm kurz Zeit zu geben. Nachdem wir ihm das Gerät erklärt und gezeigt hatten, setzte er sich jedoch ohne Probleme auf ein kleines Podest und ließ die Prozedur über sich ergehen. Als wir wieder oben ankamen, war Susi schon da. Sie wollte mich ablösen. Ich hatte mir einen Frisör-Termin ausgemacht. Der hat ziemlich lang gedauert, ich hab mir die Haare ganz kurz schneiden lassen und blond färben, was toll geklappt hat, richtig schön blond mit leichtem rötlichem Schimmer. Aaron fand’s lustig. Ich find’s erfrischend. Sogar Miriam schien es zu gefallen, und – ja – dem Markus auch. Aaron schaut übrigens jetzt gut aus. Er hat fast 17kg (wir kamen mit 15,5), hat wieder Grübchen, wenn er lacht, und auch die Wangen sind wieder rosig, weil sich das Hämoglobin so schön erholt hat. Mir ist schon klar, dass das alles in einer Woche wieder ganz anders aussehen wird (die Kinder werden zwischendurch „aufgepäppelt“, damit sie die Chemo danach besser überstehen), aber es freut mich trotzdem.
Morgen muss Aaron zur Lumbal-Punktion in den OP – kurze Narkose. Er bekommt wieder Zytostatika ins Rückenmark gespritzt. 6 Stunden später beginnt die Infusion der Zytostatika. 5 Tage, höchstmögliche Dosierung. Danach werden die Leukozyten auf dem Nullpunkt sein, auch die Roten Blutkörperchen und die Thrombos werden stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Gefahr von Infektionen und Blutungen wieder akut. Sonstige mögliche Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, wunde Schleimhäute (Mund – Rachen – Speiseröhre) wunder Po, … In der Zeit der Chemo muss ich mir Handschuhe anziehen zum Wickeln, und auch sein Schweiß (er schwitzt nachts extrem stark) wird so aggressiv sein, dass ich aufpassen soll. Na Bravo! Angst hab ich eigentlich nur vor den Infektionen und Blutungen, denn die können tödlich sein oder schwere Gehirnschäden nach sich ziehen. Alles andere werden wir überstehen. Durchhalten ist da die Devise. Aber es nützt ja sowieso nichts. Die Ärzte wissen aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass die Chemo in dieser Intensität notwendig ist, dass die Krebszellen sonst wieder kommen. Sie kennen auch genau die Risiken, und sie haben eh lang gewartet. Jetzt wird es einfach Zeit, weiter zu machen. Es muss sein.

Fasching


Auch im Krankenhaus gibt's am Faschingdienstag Krapfen. (Für Aaron natürlich wie alles andere frisch in Plastik eingeschweißt.) Dem Aaron schmeckt's übrigens überaupt sehr gut hier, zumindest derweil noch, denn die Kinder hier werden was Essen angeht richtig verwöhnt, jeder ist froh, wenn sie überhaupt etwas essen.
Das Faschingsfest auf der Station stand unter dem Thema "Weltall", weshalb ich für Aaron einen Astronautenhelm bastelte, in den ich die Gesichtsmaske einarbeitete, in der Hoffnung, dass Aaron dann vielleicht auch zum Fest gehen dürfte, aber wie auch einige andere Kinder, durfte er nur durch seine Zimmertür beim Umzug der anderen zusehen.

Teletubbies





Aaron wichtigstes Stofftier ist Dipsy, der grüne Teletubby. Der gehörte einmal seinem Bruder Simon. Wir hatten auch eine Lala (gelb), von Miriam, und ein einziges Teletubby-Video, das Aaron liebte und jedes Mal, wenn wir zum Opa kamen sofort anschauen wollte. (Wir selber haben keinen Fernseher.)Aaron hat sich die beiden Stoffpuppen einverleibt und vor allem Lala überall mit hingeschleppt, bis sie eines Tages (letzten Herbst) plötzlich verschwunden war. Von dem Tag an, musste Dipsy überall mit hin. Dipsy war das erste, wonach er nach der langen Sedierung wieder zu greifen versuchte. Hier im Spital müssen Stofftiere aber regelmäßig gewaschen werden, weshalb ich unter meinen Schülern und Schülerinnen, die ja klein waren, als die Teletubbies aufkamen einen Hilferuf startete, ob nicht vielleicht noch jemand solche Puppen zu Hause hätte. Dann brachte mir eine Kollegin von einem Schüler die Lala, die der verlorenen genau gleicht, nur dass die Augen noch nicht kaputt sind. (DANKE GERNOT!!!) Aaron war überglücklich. Später bekam er von meiner Klasse dann noch eine Lala (nun haben wir wenigstens hier eine Wasch-Reserve) und einen Tinky-Winky, auch den schloss er sofort ins Herz. Er scheint derzeit sogar seinen altersschwachen Dipsy überholt zu haben. (DANKE 2B!!!)

Klinik-Alltag und Besuche


2009_02_09
Der Sonntag verlief ganz angenehm. Johanna und Arno kamen etwa um 11h. Als sie sich verabschiedeten sagte Aaron dauernd zu Johanna: „Wann kommst du wieder?“ Das sagt er zu jedem Besuch der geht. Er liebt es, Besuch zu haben. Die Kinder und Markus kamen kurz nach 14h, zogen sich um und blieben eine gute Stunde bei Aaron. Danach sind wir zu Fuß zur Lugner City marschiert, Simon und ich haben unterwegs Kebab gegessen, Miriam wollte nur dann im Kino Popcorn. Wir sahen Avatar (irgendwas mit „Pandorra“) in 3D, ein Film, der sehr gut angekommen ist. Er war auch wirklich gut. Und diesmal war es nicht so, dass ich die Realität derweil total vergaß und nachher wieder schmerzvoll zurück plumste. Ich hab mich mit der Realität versöhnt, sozusagen. Sie ist für mich jetzt einfach real. Kein Traum mehr. Es war einfach wie sonst auch im Kino. Die 3D Brille war etwas nervig. Zuerst war mir das Sichtfeld zu klein, und später drückte mich ihr Gewicht einfach ziemlich auf die Ohren. Beim Rausgehen aus dem Kinosaal (nach abnehmen der Brille) musste ich mich erst wieder an die reale 3D-Sicht gewöhnen. Irgendwie war dem, was mein Gehirn an Bildverarbeitung lieferte zuerst nicht ganz zu trauen. Offensichtlich hatte sich mein Gehirn auf das künstliche 3D eingestellt, sodass es mir dann schon normal vorkam, aber es entspricht halt doch nicht der Realität, sodass sich das Gehirn danach wieder umstellen muss, um die Wirklichkeit in gewohnter Weise zu sehen.

Und gestern? Was war eigentlich gestern?
Ach ja. Mein Vater kam ca. um 10h zu Besuch, und Aaron turnte grad so ausgelassen im Bett herum, dass er kaum krank wirkte. Seine körperliche Verfassung bessert sich wirklich von Tag zu Tag. Heute (Di) haben wir eine zweite Bodenmatte bekommen, und Aaron marschiert schon recht tüchtig im Zimmer herum, auch ohne anhalten. Ich hab das halbe Zimmer umgestellt um für die zweite Matte Platz zu schaffen, aber es rentiert sich. Der Tisch war sowieso die ganze Zeit im Weg, ich hab schon etliche blaue Flecken deswegen, und jetzt ist auch genug Platz zum am Boden Spielen, rumkugeln, (vorsichtig) raufen, Ball spielen, …

Gestern mussten wir auch zum EKG. Bevor die 2. Chemo startet, wollen die Ärzte alles noch mal durchchecken. Aaron hatte beim Runterfahren Angst vor dem Lift, also musste ich ihn am Rückweg über die Stiege tragen. Am Abend kam wieder Markus. So richtig entspannen konnte er sich auch diesmal nicht.

In der Nacht von Mo auf Di habe ich nicht viel, und vor allem nicht gut geschlafen. Aarons Sauerstoff-Sättigung schlug ständig Alarm, bis uns die Schwester schließlich einen Trichter zur Sauerstoffzufuhr brachte. Ich achtete dann ständig darauf, dass Aaron den Trichter auch wirklich vor dem Gesicht hatte, denn sobald er sich wegdrehte, schlug es schon wieder Alarm. Natürlich machte ich mir auch große Sorgen, hatten wir doch seit der Extubation keinen Sauerstoff mehr gebraucht. Trotz häufigen Inhalierens eines Medikaments (Sultanol) ist Aarons Husten allerdings auch nicht besser geworden. Er ist stark verschleimt. Wenn er konzentriert spielt, keucht er richtig beim Atmen, und auch nachts atmet er schwer. Natürlich machte ich mir große Sorgen. Um 6h früh, Aaron war wach und atmete normal, und die Messung zeigte immer noch unterdurchschnittlich an, montierte ich den Sensor von der Zehe ab und probehalber auf den Daumen, und da hatte er 97 oder 98% Sättigung. Ich war mehr erleichtert, als ich mich über die nächtlichen Störungen ärgerte. Aaron wollte schon ein Naii, und die Schwester nahm auch gleich noch Blut ab. Danach schliefen wir aber noch einmal kurz aber gut ein, bis uns die Schwester weckte, weil wir um 8h früh schon den Termin zum EEG hatten. Ich musste Aaron 3 Stockwerke hinunter und dann wieder ein Stockwerk hinauf tragen um dorthin zu gelangen, denn mit dem Lift will er nach wie vor nicht fahren. Retour dasselbe wieder, nur umgekehrt, natürlich. Beim EEG war’s sehr nett. Sie haben ur-viele Sachen von der Decke baumeln und sie zeigte Aaron auch ganz viele Spielsachen, damit die Zeit schneller vergeht. Dumm war nur, dass er nichts angreifen durfte.

Am frühen Nachmittag wurde Miriam von Erika hergebracht. (Ich ärgerte mich, weil sie sich so anstellte, den Weg vom Portier zu mir auf die Station nicht zu finden, dass Erika schließlich mit ihr ausstieg.) Ich kochte ihr Nougat-Taschen, die sie bis zur letzten verputzte, dann musste ich mit Aaron noch einen „Ausflug“ machen, Lungen-Röntgen. Aaron muss jedes Mal, wenn er das Zimmer verlässt, eine Maske aufsetzen. Wieder musste ich ihn in den Keller tragen – kein Lift! Und als wir den Raum mit dem riesigen Röntgen-Gerät betraten, bekam er solche Angst, dass ich schnell mit ihm wieder drei Schritte rückwärts zur Türe hinaus ging, um ihm kurz Zeit zu geben. Nachdem wir ihm das Gerät erklärt und gezeigt hatten, setzte er sich jedoch ohne Probleme auf ein kleines Podest und ließ die Prozedur über sich ergehen. Als wir wieder oben ankamen, war Susi schon da. Sie wollte mich ablösen. Ich hatte mir einen Frisör-Termin ausgemacht. Der hat ziemlich lang gedauert, ich hab mir die Haare ganz kurz schneiden lassen und blond färben, was toll geklappt hat, richtig schön blond mit leichtem rötlichem Schimmer. Aaron fand’s lustig. Ich find’s erfrischend. Sogar Miriam schien es zu gefallen, und – ja – dem Markus auch. Aaron schaut übrigens jetzt gut aus. Er hat fast 17kg (wir kamen mit 15,5), hat wieder Grübchen, wenn er lacht, und auch die Wangen sind wieder rosig, weil sich das Hämoglobin so schön erholt hat. Mir ist schon klar, dass das alles in einer Woche wieder ganz anders aussehen wird (die Kinder werden zwischendurch „aufgepäppelt“, damit sie die Chemo danach besser überstehen), aber es freut mich trotzdem.
Morgen muss Aaron zur Lumbal-Punktion in den OP – kurze Narkose. Er bekommt wieder Zytostatika ins Rückenmark gespritzt. 6 Stunden später beginnt die Infusion der Zytostatika. 5 Tage, höchstmögliche Dosierung. Danach werden die Leukozyten auf dem Nullpunkt sein, auch die Roten Blutkörperchen und die Thrombos werden stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Gefahr von Infektionen und Blutungen wieder akut. Sonstige mögliche Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, wunde Schleimhäute (Mund – Rachen – Speiseröhre) wunder Po, … In der Zeit der Chemo muss ich mir Handschuhe anziehen zum Wickeln, und auch sein Schweiß (er schwitzt nachts extrem stark) wird so aggressiv sein, dass ich aufpassen soll. Na Bravo! Angst hab ich eigentlich nur vor den Infektionen und Blutungen, denn die können tödlich sein oder schwere Gehirnschäden nach sich ziehen. Alles andere werden wir überstehen. Durchhalten ist da die Devise. Aber es nützt ja sowieso nichts. Die Ärzte wissen aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass die Chemo in dieser Intensität notwendig ist, dass die Krebszellen sonst wieder kommen. Sie kennen auch genau die Risiken, und sie haben eh lang gewartet. Jetzt wird es einfach Zeit, weiter zu machen. Es muss sein.