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Samstag, 13. März 2010

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2010_03_13_Abend

Aarons anhaltendes Erbrechen drückt mir schön langsam auf die Eingeweide. Auch wenn ich es als notwendige Begleiterscheinung der Therapie verstehe, so fällt es doch schwer, die ständige Speiberei positiv zu sehen. (Kurz nach meinem letzten Eintrag hat er sich wieder übergeben und jetzt vor dem Einschlafen - trotz frühzeitiger "Zofran"-Gabe abermals.) Am Gang auf der Station hängen mehrere "Danke"-Bilder von ehemaligen Patienten, die es geschafft haben. Eines davon zeigt den "Leidensweg" eines Vierjährigen, der an Lympfdrüsenkrebs erkrankt war. Insgesamt macht es ja Mut, weil das Kind am Ende wieder gesund aussieht und lacht. Aber die Bilder und Zahlen in der Mitte sind halt auch nicht zu übersehen. 4 Jahre, nur noch 10 kg, ein armsehliges Würmchen, unzählige erbrochene Magensonden, die neu gesetzt werden mussten, ... Als Mutter würde ich das meinem Kind gern ersparen oder auch abnehmen, aber das geht natürlich nicht. Und wahrscheinlich ist es auch gut so. Denn obwohl Aaron noch so klein ist, so ist es doch seine Krankheit, sein Schicksal, sein Weg. Und er meistert das auch wirklich bravourös. (Wir sind heute übrigens rauf und runter mit dem Lift gefahren, und Aaron hat sogar gelacht dabei - um seine Angst zu überspielen.)
Diese letzte Chemo-Therapie zeigt nicht nur beharrliche Nebenwirkungen, sondern auch die erwünschte Wirkung hat sich rasant eingestellt. Erst nach dem Nach-Hause-Kommen hab ich den Blutbefund studiert, den die Ärztin diesmal (ganz entgegen der Gepflogenheiten) nicht mit mir besprochen hatte, und bin ziemlich erschrocken. Waren es vor zwei Tagen noch weit über 1000 Leukozyten, so ist deren Zahl in dieser kurzen Zeit auf nur 420 geschrumpft. Somit sind etwa 4/5 der weißen Blutkörperchen, die Aarons Körper in den letzten Wochen (unter Aufgebot all seiner Kräfte) produziert hat, wieder vernichtet worden. Ich hoffe nur, es hat die Reste der abartigen auch erwischt, wo immer sich diese gerade verschanzt haben mögen. So nieder war Aarons Leukozyten-Wert überhaupt noch nie, und im Nachhinein fand ich es schon etwas seltsam, dass er heute im Spielzimmer alles angreifen durfte und keine Maske tragen musste. Das war sicherlich nicht gut, aber es war halt kein Zimmer frei, und die Station ist für Tagesklinik-Kinder nicht entsprechend ausgerüstet. Am Montag ist die Tagesklinik wieder offen. Dort werden sie hoffentlich wieder ein Extra-Zimmerchen für uns haben. Denn so nett es ist, wenn Aaron alles darf, Schutz geht vor.

Wir mussten heute sehr lange warten und machten uns erst um ca. 14h auf den Heimweg. Nachdem Aaron im Auto eingeschlafen war, war ich richtig bedrückt und merkte plötzlich, dass die Zeit gekommen ist, da ich endlich wieder einmal etwas für mich tun sollte. Zuerst dachte ich an Wellness, aber da ich die Sache mit meiner Darmerkrankung immer noch nicht habe abklären lassen (hätte Ende Jänner zu einer Darmspiegelung sollen), wusste ich nicht, ob das so eine gute Idee sei. So richtig ausdauernd zu Schwimmen, mich mal wieder auszupowern, das täte mir auch gut, nur ohne Wellness danach fehlt es der Schwimmerei halt auch an Attraktivität.
'Ich bräuchte fröhliche Leute um mich, irgendein Fest', dachte ich. Aber irgenwie tat ich mir schwer mit der Frage, wen ich denn nun anrufen sollte. Niemanden der zu viel fragt, niemanden bei dem ich zu viel reden muss, und um Gottes Willen niemanden, der mich oder den Aaron bemitleidet. Am liebsten hätte ich laute Musik und viele Leute um mich gehabt, und jemanden, der mich einfach in den Arm nimmt.

Naja, die Stimmung zu Hause war dann nicht so zum In-den-Arm-nehmen, und da das Essen so spät fertig wurde, ich es mir aber trotzdem nicht entgehen lassen wollte (Markus hatte Pasta Asciutta gekocht, und die kocht er am allerbesten), hatte ich danach mit vollem Bauch natürlich erst recht keine Lust mehr zum Schwimmen. Aber nachdem die Kids sowieso einen Film schauen wollten, verzog ich mich zumindest ins Schlafzimmer und las ein bisschen in einem guten, spannenden Buch.

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