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Freitag, 27. Mai 2011

Tag 67 - 5 Tage "frei"

Endlich haben wir einmal 5 Tage frei. Ab sofort (solange alles passt) müssen wir nur noch ein mal pro Woche zur Kontrolle. Nächste Woche Donnerstag ist nämlich Feiertag, Freitag wollte ich nicht so gerne, weil da die Großen frei haben, also wurde das gleich ausdiskutiert und beschlossen, dass ein mal pro Woche auch ab sofort schon genug sein sollte. Der CSA-Spiegel passt jetzt endlich so ungefähr, die Viren scheinen weg zu sein, die sonstigen Werte sind auf den Tag gerechnet gut.

Es ist kaum zu glauben, aber die Wienfahrten zwei mal pro Woche waren sowohl für mich, als auch für Aaron schon sehr belastend. Jeden Tag nach dem Aufwachen fragt er mich besorgt "Müss ma nirgends hin?" Und oft fragt er zwischendurch ganz unvermittelt: "Wo bin ich?" Dann sag ich ihm "Zu Hause, mein Schatz, du bist endlich zu Hause." Und dann umarmt er mich und ist glücklich.

Die Erholungsphase dauert diesmal, auch was das Körperliche angeht, länger als zuvor. Oft will Aaron einfach im Bett bleiben, zum Rausgehen in den Garten ist er nur schwer zu motivieren, zum Spielplatz haben wir es bis jetzt erst ein einziges mal geschafft, dabei ist das gar nicht weit. Die Beine tun ihm immer wieder weh, vor allem nach dem Schlafen. Da muss ich ihn oft massieren und ein bisschen mit ihm turnen ("Beine aufwecken") bevor er aufstehen kann. Manchmal geht er alleine über die Stiege, aber öfter muss ich ihn tragen.

Allerdings hat er Phasen (meist abends), wo er im Haus herumläuft, auf der Couch hüpft und mit dem Dreirad im Wohnzimmer im Kreis fährt. Viel freier Platz ist da nicht, er muss den Lenker voll einschlagen und fährt winzige Kreise. Das macht Lärm und meist singt er auch noch lautstark dazu, was seine große Schwester zur Verzweiflung bringt, wenn sie noch bei der Hausübung sitzt, denn ihr Schreibtisch ist auch im Wohnzimmer.

Das mit dem Dreirad hat mich allerdings auf DIE Idee gebracht. Vor Jahren, als die Großen noch klein waren, waren wir einmal auf einem Bauernhof auf Urlaub, und da gab es so etwas, ein Dreirad für große Kinder, mit großem Vorderrad, tief gelegtem Sitz, und rasanter Übersetzung. Das war unter den Kids dort der Hit. Also suchte ich im Net danach, Markus sagte: "Sofort kaufen." und HIER IST ES:
Das Ding nennt sich Chopper-Dreirad oder Street Monster - Dreirad und war die beste Investition in die Physiotherapie. In der Beschreibung stand ab 4 Jahren, aber Aaron erreicht mit seinen 110 cm Körperlänge die Pedale nur knapp. Vor allem in den Kurven muss er sich gewaltig strecken, um noch treten zu können. Das coole Feeling macht das aber wieder wett. Man muss echt nebenher laufen um mitzukommen und es ist sein ersten Gefährt, mir dem er auch kurze Steigungen problemlos schafft, und das, obwohl er derzeit sicherlich nicht gerade kräftig ist. Vor allem sieht es cool aus, auch vor den radelnden und rollernden Nachbarskindern, und liefert uns so doch immer wieder die Motivation rauszugehen.

Die Ärztin in der Ambulanz vermutet, dass die "Schmerzen" einfach auch körperliches Unwohlsein bedeuten können, das von Kreislaufstörungen her rührt, wie sie nach der Transplant häufig vorkommen. Die Tatsache, dass das immer nach dem Schlafen ist, noch schlimmer nach dem Mittagsschlaf, spricht schon dafür. Das Massieren und Turnen vor dem Aufstehen bringt ja auch den Kreislauf in Schwung, sodass ich eh richtig gehandelt habe. Trotzdem stört es mich jedes mal, wenn Schmerzäußerungen von kleinen Kindern nicht für bare Münze genommen werden. "Babys schreien ja auch, wenn sie Hunger haben, auch wenn dieser noch nicht einmal sehr groß ist", heißt es dann. Gut, denk ich mir, aber dann wird dieser "Hunger" für das Baby wohl auch schmerzhaft sein.

Aaron weint auch immer wieder wegen Bauchschmerzen, und dann lassen sich diese vielleicht schnell lindern, wenn er etwas gegessen hat oder auf der Toilette war. Trotzdem sag ich dann nicht, das war ja kein Bauchweh, das war ja nur Hunger. Bei so angegriffenen Schleimhäuten, nach allem, was der durchgemacht hat in letzter Zeit, kann es ja wohl sein, dass Verschiedenes, was für einen gesunden Menschen "normal" ist, eben schmerzt. Aaron trinkt jetzt eben wieder "Hipp Bäuchleintee", der hat ihm als Säugling gut geholfen, und das tut er auch jetzt.

Ein Foto hab ich noch. Aaron horcht Frau Doktor "Natascha" ab und sie ihn.
Auf dem Tischchen zwei neue Cars-Autos. Aaron war selber mit im Geschäft, auch wenn es mich all meine Nerven kostet, mit ihm im Wagerl die Alser Straße hinunter zu gehen, wegen der vielen Leute am Gehsteig. (Im Geschäft waren wir so gut wie allein.)
Gestern war Aaron übrigens erstmals wieder im Turnsaal. Ergo- und Physiotherapeuten kümmerten sich gemeinsam um ihn. Das motivierte ihn derart, dass von seinen Beinschmerzen so gut wie gar nichts zu bemerken war. Nur wenn er etwas von Boden aufhob, merkte man, dass er doch noch recht schwach ist, weil es ihn sehr anstrengt, sich zu bücken und wieder aufzurichten.

Nächste Woche Mittwoch haben wir wieder einen Kontrolltermin, und die Ergotherapeutin hat schon versprochen, mit ihm auch wieder in den Turnsaal zu gehen.

Samstag, 21. Mai 2011

Tag 60 - manchmal klappt's

Gestern waren wir wieder in der Ambulanz. Eigentlich begann der Tag recht stressig, weil wir "schon" um 9h dort sein sollten. Ich machte mich insgeheim über mich selber lustig, dass es mich jetzt schon stresst, wenn ich mit Aaron um 8h weg muss. Wie oft mussten wir um 8h dort sein?!

Stimmt schon, der morgentliche Stau ist unangenehm, und darum hatte ich gebeten, Aaron nach Möglichkeit erst um 10h einzuteilen. Allerdings gab es bei der letzten Kontrolle am Montag ein Problem. Der Katheder funktionierte nicht. D.h. er funktionierte nur wie ein Ventil, alles ging rein, aber nix raus, trotz langer Bemühungen, trotz turnen, husten, singen, ... kein Blut. Das war ziemlich frustirierend.

Da aber in letzter Zeit Aarons Blutwerte recht gut gewesen waren, verzichtete die Ärztin am Montag auf eine Blutuntersuchung, wir bekamen dafür eben für gestern, Donnerstag, einen früheren Termin, damit der Katheder, falls er wieder nicht geht, mit hoch-konzentriertem Heparin wieder in Gang gesetzt werden könne.

Der Stau war wie erwartet groß, die Fahrt dauerte über eine Stunde. Trotzdem war ich, als ich mich dem Krankenhaus näherte relativ ruhig und dachte mir: "Und jetzt ist ein schöner Parkplatz frei." Ich traute meinen Augen kaum, als ich um die Ecke bog. Es war nicht nur EIN schöner Parkplatz frei, es war überhaupt nur ein einziger belegt! Die ganze Länge war frei und ich konnte bequem ranfahren. Das hatte ich ja überhaupt noch nie erlebt, egal zu welcher Uhrzeit. Und damit beginnt die Reihe schöner Dinge, von denen ich heute berichten will.

Später, als es um die Blutabnahme ging, war die Sorge, die ich mir wegen des Katheders gemacht hatte, auch plötzlich weg. "Jetzt geht er," dachte ich, und sofort sprudelte das Blut ins Röhrchen. Aber es kam noch besser. Ich fragte nach dem Virulogie-Befund. - Virulogie im Stuhl NEGATIV (im Blut sowieso)! Das konnte ich nun fast nicht glauben, hatte man mir doch gesagt, das würde noch länger dauern. Aaron muss zwar noch weiterhin das Rebetol (Virustatikum) schlucken, weil zuerst noch ein zweiter negativer Befund nötig ist, aber die Nachricht allein ist einfach toll.

für Ingrid


... ist unser tägliches Zahnputzlied geworden.

P.S. Wir vermissen dich.

Dienstag, 17. Mai 2011

Tag 57 - zu Hause




Lang lang ist's her, ich weiß. Ich hoffe, ihr habt euch keine Sorgen gemacht. Es ist wiedermal bloß so, dass ich zu Hause einfach keine Zeit hab, den Computer einzuschalten. Wir sind jetzt seit einer Woche zu Hause und ich hab mich schon wieder recht gut eingelebt, Aaron sich auch. Das nach Hause kommen war irgendwie schon seltsam nach so langer Zeit, aber zu Hause ist zu Hause.

Der Tag der Entlassung (Montag, 9.5.) war aufregend und anstrengend. Als ich am Vormittag Aarons Sachen im Krankenzimmer einzupacken begann und den Zimmerschmuck abnahm, realisierte er endgültig, jetzt geht's nach Hause. Diese Situation hatte er ja auch schon oft erlebt, wenn es auch lange her war. Markus hatte zu Hause fast die ganze Nacht durchgearbeitet, damit das Haus sauber ist. Darüber war ich sehr froh, denn obwohl ich gesagt hatte, wir könnten ja noch eine Nacht im Ronald McDonald Haus schlafen, wäre das für Aaron eine enorme Belastung gewesen. Er wollte nur noch nach Hause, so schnell wie möglich, wann kommt denn endlich der Papa?

Zuerst fand für mich aber natürlich noch das Abschlussgespräch mit der OÄ statt, währenddessen sich Therapeutinnen für Aaron Zeit nahmen. (Neben ihm hätten wir an diesem Tag sicherlich nichts besprechen können.) Was in nächster Zeit zu beachten sei, kurz zusammengefasst:
- Die Sonne ist heuer noch ein Feind. Im Schatten bleiben, trotzdem lange Ärmel und Sonnenschutzfaktor 50+, kein Schwimmbad - auch wegen der Infektionsgefahr.
- Vor Virusinfektionen schützen. "Wir wollen uns keine Probleme von Außen dazu holen, wir haben auch so schon genug." Maskenpflicht bei jedem Verlassen des Hauses und für alle Besucher.
- Pilzinfektionen sind vorerst noch ein großes Risko. Aaron bekommt derzeit keine Pilz-Medikamente zur Profilaxe, weil sich die Leber von der VOD erst richtig erholen muss. Deshalb müssen wir aber umso besser auf ihn aufpassen. Kein Erdstaub, nicht in Keller oder feuchte Räume gehen, ...

Apropos Erdstaub: Gestern wurden ausgerechnet am Baugrund gegenüber Erdarbeiten durchgeführt. Trotz des Regens am Tag davor war unser Haus im Nu mit Erdstaub eingenebelt. Seit wir hier wohnen, steht dieses Grundstück zum Verkauf, und nie wollte es jemand, ausgerechnet jetzt fangen sie dort zu buddeln an? Ich bin sofort gelaufen, alle Fenster zu schließen und hab eiligst die Wäsche von der Leine genommen. Anscheinend ist das Grundstück eh noch nicht verkauft, aber der Bauer, dem es gehört, braucht offensichtlich jetzt doch das Geld und hat den großen Erdhaufen, der sich darauf befand, wegbaggern lassen, sodass das Grundstück präsentabler aussieht. Ich hoffe sehr, dass sich trotzdem nicht allzu schnell ein Käufer findet, oder zumindest nicht gerade in den nächsten Monaten mit dem Bau begonnen wird.

Nach dem Gespräch wurden Aaron und ich einen Stock tiefer in der SZT-Ambulanz vorgestellt. Das ist eine sehr kleine Ambulanz mit nur einer Schwester und zwei Ärztinnen nur für Stammzellen-transplantierte Kinder. Unseren ersten Termin bekamen wir für Donnerstag 11h. (zwei Tage zu Hause - Juhuuuu!!!)

Danach gab es für Aaron ein Geburtstags- und Abschiedsfest auf der Station. Im Besprechungszimmer war der große Tisch gedeckt für viele Leute, es gab Torte und Geschenke. Schwestern, Ärztinnen, Therapeutinnen, wer eben grad verfügbar war, sangen für Aaron ein Geburtstagslied, nahmen Platz und setztewn alle Masken auf, sodass Aaron seine Maske abnehmen und die Torte anschneiden konnte. Er war ganz baff, traute sich fast nicht in den Raum. Er bekam ein kleines Haba-Spiel und einen Flug-Drachen in Adler-Optik, über den er sich sehr freute. Auf der Torte befanden sich kleine Zucker-Figuren, ein Schweinchen, ein Frosch. Das Schweinchen hat er gleich gegessen, so hart es auch war. Die Schwestern aßen zum Teil verstohlen unter der Maske, zum Teil warteten sie auch einfach nur und schauten Aaron zu. Es war wirklich sehr schön.

Danach hatte wir aber noch mehr zu tun. Aaron stimmte (Gott sei Dank!) mit mir überein, das Kinder-Klavier der Station 2B zu schenken. Zu Hause würde er es nicht brauchen. Er wollte es aber natürlich selber hinüber bringen und sich dort auch verabschieden. Wir verabschiedeten uns als beim Durchgehen auf der Station 2A, wo Aaron ja auch öfter gelegen ist, und dann auf der 2B, wo wir einfach in die Mittags-Visiste hineinkrachten. Die Kindergärtnerinnen waren grad bei einer Besprechung, also stellten wir das Klavier ins Spielzimmer und gingen mit einer Therapeutin in den 3. Stock hinauf zu ihnen. Da waren dann wieder zu viele Erwachsene auf einmal in einem Raum, als dass Aaron sich hineingetraut hätte, aber zumindest hat er sich verabschiedet und ich hab für ihn gesagt, dass er das Klavier herschenkt, wofür sie sich herzlich bedankten.

Danach taten Aaron schon recht die Beine weh, und ich war froh, dass mein Vater schon da war, der uns am Weg ins Ronald McDonald-Haus begleitete. Ich hatte wzei große Kisten mit Aarons Sachen gepackt, die Markus am Nachmittag abholen würde, aber trotzdem war das Wagern noch mit ganz vielen Sachen vollgepackt, sodass Aaron keinen Platz mehr hatte und getragen werden musste.

Im Ronald McDonald Haus fragte ich gleich ncoh, ob das eh okay sei, wenn wir erst am Donnerstag das Zimmer räumen würden. Ich hatte gedacht, das wäre kein Problem, weil ja auch andere Familien da sind, deren Kinder nur noch ambulant in Behandlung sind. Aber die Leiterin bat mich, doch bitte gleich auszuräumen, was mir großem Stress verursachte. Ich war vom Ausräumen des Krankenzimmers am Vormittag und von der ganzen Verabschiedung selbst schon körperlich so am Ende, diass ich mich unbedingt mit Aaron hinlegen und schlafen wollte. Das Zimmer im RMcD Haus auszuräumen kam einer Übersielung gleich, und ich hatte an diesem Tag einfach nicht mehr die Energie dazu. Mein Schwindel war wieder sehr stark, wohl auch wegen der nervlichen Belastung. Ich ging also, auf dem Weg in die Apotheke, während Opa bei Aaron bleib, noch einmal ins Büro und sagte: "Frau Kellner, ich schaff das heute einfach nicht." woraufhin mir gleich auch noch die Tränen kamen, so fertig war ich. Die Chefin hatte sich allerdings eh gerade mit ihren Mitarbeiterinnen besprochen und sgate, es sei kein Problem, wenn wir erst am Donnerstag gingen, weil derzeit Zimmer frei wären. Es war also nur ums Prinzip gegangen, und die anderen jungen Frauen dürften schon für mich Partei ergriffen haben.

Um weiteren Stress zu vermeiden beschloss ich, heute ausnahmsweise nicht über Aarons Trinkmenge Buch zu führen, solle er doch heute ausnahmsweise so viel oder wenig trinken und essen wie er Lust hatte, ab morgen würde ich wieder darauf achten. Nach dem Mittagsschlaf, ging es mir etwas besser, und währen Aaron noch schlief, schaffte ich es, zumindest das Wichtigste gleich zusammen zu packen. Aaron schlief lang, und als er aufwachte, war Markus schon da. Auch mit den "wenigen" Sachen, die ich bereits gepackt hatte, war das Auto randvoll. Den Simon, der bei seinem Nachhilfe-Lehrer war, hätten wir nicht mehr mitnehmen können. Am Donnerstag würden wir unbedingt den VW-Bus brauchen.

Zu Hause angekommen, beschloss ich, die Großen am nächsten Tag, Aarons Geburtstag und unserem ersten Tag zu Hause nicht in die Schule zu schicken. Simon wollte aber doch gehen, da er einen interessanten Projekttag hatte. Miriam war froh, nicht auch noch an diesem Abend die Mathe-HÜ machen zu müssen. Am Nachmittag hatte sie schon den Schlagzeug-Unterricht geschwänzt (mit Erlaubnis des Musikschuldirektor-Opas!) weil sie noch so viel für Aarons Rückkehr und Geburtstag vorbereiten wollte. Sie hatte ein wunderschönes Plakat gemalt, dass dann aber erst zum Gaburtstagsfewst fertig wurde.

Aarons Geburtstagsfeier heute vor einer Woche war mindestens so schön, wie geplant. Das Wetter war herrlich, und wir stellten einen großen Heurigen-Tisch unter einen Baum in unserem Garten. Opa, Susi und Lukas war zu Besuch, und Aaron freute sich riesig über die vielen Cars-Autos und die dazugehörige Rennbahn und Ramones "Body-Art"-Werkstatt, wo die Colour changers mit warmem bzw. kaltem Wasser "umgespritzt" werden können.

Und die Cars-Autorennbahn war auch ein Hit.


In der Nacht kuschelte Aaron sich an meinen Rücken und schlief bis zum Morgen.

Rechtschreibung überprüfen

Samstag, 7. Mai 2011

Tag 47 - Muttertagsgeschenk

Heute Nachmittag, als ich gerade mit Simon spazieren war, wünschte ich mir, endlich einmal einen Aben NICHT ins Krankenhaus zu müssen und sprach schon mit Markus, ob er sich vorstellen könnte einmal bis zum Schlafen bei Aaron zu bleiben, war noch beim Überlegen, ob ich dem Aaron das zumuten wollte. Er ist er halt gewöhnt, dass ich wenigstens beim Einschlafen bei ihm bleib, wenn schon nicht in der Nacht.

Am Rückweg vom Spaziergang wollte ich schauen, wie spät es schon ist, weil es langsam zu dämmern begann und ich mit Aaron ja um 20h wieder drüben sein sollte. Es war 19h10, aber ich erschrak, weil ich vergessen hatte, das Handy nach dem Mittagsschlaf auf laut zu stellen, und es waren 6 Anrufe in Abwesenheit auf meinem Hdy, drei von Markus, und drei von der Station. In Sorge rief ich zuerst Markus an, der nur hatte wissen wollen, ob Aaron das Mineralwasser noch haben dürfe. Dem Aaron ging es gut.

Weit beruhigter, aber doch neugierig hörte ich dann meine Sprachbox ab und begann zu strahlen. Die Nachricht war von der Schwester. Wenn Aaron genug getrunken hätte, dürfe er heute auch schon bei mir im Ronald McDonald Haus schlafen. Ich hatte nämlich gebeten, morgen, am Muttertag schon früher mit Aaron raus zu dürfen, damit sich ein Muttertagsfrühstück mit allen meinen Kindern ausgeht. Von 10h gestern bis 10h heute hatte Aaron übrigens 1450ml getrunken, das dürfte den Ausschlag gegeben haben für die erfreuliche Entscheidung.

Morgen nach dem Frühstück müssen wir kurz rein zur Blutabnahme und ärztlichen Untersuchung. Aber ich denke nicht, dass sie uns lang drin behalten werden. Aaron geht es gut. Er reagierte zuerst gar nicht, als ich ihm die Neuigkeiten mitteilte. Erst als es 20h Uhr war, und ich ihm seine Abendmedizin gab, wurde ihm so richtig bewusst, dass er noch da war und auch hier bleiben durfte. Es war so ein schönes Gefühl, meine beiden Söhne Seite an Seite in der Abenddämmerung auf der Couch sitzen zu sehen beim gemeinsamen Mario Cart fahren!

Heute Abend bin ich so glücklich, dass mir schon wieder die Tränen kommen.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Tag 45 - vom Trinken und Erbrechen

Heute hat Aaron tagsüber nur knapp über 600ml geschafft. Das lag zum Einen daran, dass ich vergaß, ihm vor der Musiktherapiestunde ein Glas Saft zu richten und die Therapeutin zu bitten, ihn immer wieder trinken zu lassen, zum anderen daran, dass er zu Mittag 3 Stunden geschlafen hat. Am Abend schafft er normalerweise noch 200ml, aber selbst damit hätte er nicht viel mehr als die Hälfte der vorgeschriebenen Menge getrunken. "Bruder Jakob" (Aaron spielt manschmal extra für den Pfeger dieses Lied auf seinem automatischen Kinder-Keyboard. Da ist er übrigens selbst draufgekommen.) wollte Aaron nur ungern anhängen, weil's ja irgendwie ein Rückschritt ist und so motivierten wir Aaron, vor dem Schlafengehen nochmal 200ml zu trinken, insgesamt am Abend also 400ml. Aaron war voll motiviert und trank das Glas in 31 Schlucken leer, die ich laut mitzählte. Das Problem war nur, dass die zusätzlichen 200ml im Magen gar keinen Platz mehr hatten. Das Ergebnis: Bauchweh, ca. 300ml erbrochen, und ein ziemlich frustrierter Aaron, der am liebsten noch einmal ein ganzes Glas Wasser getrunken hätte, um nicht angehängt werden zu müssen.

Morgen werde ich ihm eben noch öfter 100ml-Portionen Wasser zusätzlich zu seiner normalen Trinkmenge zwischendurch geben. Gut verträgt er jetzt schon 200ml zum Frühstück, 200ml am Vormittag, 200ml am Nachmittag und nochmal 200ml am Abend. Damit sollte zumindest 1 Liter wieder möglich sein.

Es gibt auch gute Nachricht:
Die Viren sind weiter zurückgegangen, und die für heute geplante Vitustatika-Infusium wurde abgesetzt. Vielleicht reicht jetzt das zum Schlucken. Falls nicht, sehen wir das nächste Woche.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Tag 44 - ich WILL, ich WILL!!!

Heute früh hatte Aaron eine ziemliche emotionale Krise. Dies äußerte sich erstmal im lautstarken Wunsch nach Chick Hicks, einem "Cars"-Auto und großer Ungeduld angesichts des nahenden Geburtstags, konkret in wahrscheinlich an die 50 Sätzen, die allesamt mit "Ich will (aber) ..." begannen.

Die Schwester sagte ihm daraufhin:"Es geht halt nicht immer alles, was man will.", worauf ich nur sagen konnte: "Als ob ER das nicht wüsste!" und sie mir zustimmen musste. Für Aaron geht schon so lange so vieles nicht mehr so wie er das will, dass eine derartige, sonst in einer ähnlichen Situation gängige Ermahnung ja wirklich eine Farce ist.

Mir ging sein ständiges "Ich will..." und "Ich will aber nicht..." auch auf den Geist,und ich sagte auch schon:"Bitte hör jetzt auf mit dem ständigen "ich-will-ich will". "Ich sag ja nicht 'Ich will ich will', ich will ja nur ..." heulte er. Mir war natürlich schon klar, dass es da um viel mehr ging als bloß um ein oder zwei kleine Autos. "Ja genau," sagte ich schließlich, "Ich will, ich will. Und am liebsten willst du endlich wieder heim, gelt?" "Ich will überhaupt nicht heim!", sagte er darauf, "Da wohne ich nicht mehr. Ich will nur ins Ronald McDonald Haus!"

Ich glaub nicht, dass ich das noch großartig kommentieren muss. Ich nahm ihn dann auf den Schoß und wiegte ihn ganz lang wie ein Baby hin und her, während ich ihm alles mögliche erzählte und er endlich langsam ruhiger wurde und auch das "ich-will-ich-will" schlielich recht schnell verstummte.

Am Nachmittag, als Aaron mit Simon den Film Cars anschaute (Simon hatte ihn noch nie gesehen) nutzte ich die Gelegenheit, einiges einzukaufen. Da ging ich auch noch in ein Spielzeuggeschäft und kaufte um weitere €7,99 den King. Chick gab es keinen, aber weder Chick noch King waren bei Amazon versankostenfrei erhältlich gewesen. Sie würden also nicht zum Geburtstag dabei sein. Nachdem das aber Lightnings Konkurrenten in den beiden großen Rennen sind, sind sie zum Spielen recht wichtig, und ich hätte sie sowieso früher oder später gekauft. Jetzt hatte ich einfach das Gefühl, er braucht wiedermal ein kleines Geschenk, das ihm über die hoffentlich letzten Tage hier hinweghilft.

Die Cars-Autos find ich übrigens super, wenn ich Aaron zusehe, wie er damit spielt. Endlich ein "Bubenspielzeug", mit dem man eigentlich "typische Mädchenspiele" spielen kann. Da die Autos "lebendig" und sehr "vermenschlicht" sind, eignen sie sich hervorragend für Rollenspiele. Das braucht Aaron derzeit dringend, deshalb auch die vielen Stofftiere, und die Puppe Wiffi, die jeden Tag mindestens zwei mal weinen muss, um dann von den Teletubbies getröstet zu werden. Meist weint Wiffi, weil sie nach Hause will, manchmal auch, weil sie einen Luftballon haben möchte, den Aaron ihr nicht geben will, oder weil sie meint, sie sei ganz allein und keiner hat sie lieb.

Heute Nacht wurde Aaron erstmals nicht an die Infusion angehängt. Man will sehen, ob sich dadurch die Trinkmenge steigern lässt. Vorgeschrieben sind 1,5 Liter täglich. Von der 2B aus hieß es immer "mindestens 500ml", und das schaffte er oft nur mit Müh und Not. Ich kann mir schwer vorstellen, wie Aaron es schaffen soll 1,5 Liter zu trinken! Heute hat er schon total viel getrunken und kam auf 1 Liter. Mehr als 100ml auf ein mal gehen offensichtlich noch nicht in den Magen rein, denn als er eimal ein wenig mehr trank, kam es postwendend retour. Da finde ich den Liter echt schon super. Ich hoffe doch, dass das schleißlich doch als Ausreichend angesehen wird und er nicht nur deswegen nicht nach Hause darf. Aber natürlich haben die Organe viel mitgemacht in letzter Zeit und müssen gut gespült werden.

Ich hoffe so, dass er morgen endlich mal bei mir schlafen darf.

Es ist auch noch nicht geklärt, ob er morgen das Visurtatikum wieder i.v. bekommen muss. Die Befunde lassen wiedermal auf sich warten. In diesem Fall müsste er stark bewässert werden, weil Virustatika sehr schlecht für die Nieren sind. Das heißt aber noch nicht, dass das nicht auch tagsüber geschehen könnte und er dafür dann doch am Abend raus dürfte.

Heute früh ist er um 3h aufgewacht und hat dann bis zum hell werden nicht mehr als 1/2 Stunde nachgeschlafen, hat mir die Schwester berichtet, als ich um halb sieben kam. Am Nachmittag schlief er ca. zwei Stunden, aber danach war er immer noch müde. Wahrscheinlich müssen wir erst mal hier raus, bevor er wieder einen vernünftigen Schlaf-Rhythmus entwickelt.

Mir selber geht's immer noch gar nicht gut. Der Schwindel kommt immer wieder, und schlimme Muskel-Verspannungen haben sich über den ganzen Rücken ausgebreitet. Ich konnte mich heut kaum noch rühren, vor allem den linken Arm kaum heben, und die Schmerzen pochten hier bis in den kleinen Finger. Glücklicherweise habe ich noch heute Abend einen Massagetermin in einem tailändischen Massageinstitut gleich in der Nähe bekommen, das mir einen andere Mutti schon vor Wochen empfohlen hatte. Am Freitag geh ich noch einmal hin, dann für eine ganze Stunde. Dafür hab ich sogar von einem anderen Papa einen Gutschein geschenkt bekommen! Die Massage war toll. Und ich fühlte mich danach um 5cm größer. Weh tut immer noch alles, aber ich bin schon ein bisschen weniger steif.

Dienstag, 3. Mai 2011

Montag, 2. Mai 2011

Tag 41+42 - Danke

Ich glaube, es ist an der Zeit, einmal all jenen, die uns (wie auch immer) unterstützen, DANKE zu sagen.

Mein besonderer Dank geht an das gesamte Pflegepersonal. Jede(r) die/der in diesem Haus, speziell auf dieser Station, arbeitet, verdient schon per se die größte Hochachtung, sollte mit einem "Orden der Menschlichkeit" ausgezeichnet werden.

Ich bin sicher auch ein guter Mensch, aber ich kann mir das gar nicht vorstellen, das hier als Job zu machen. Ich bin einfach nur froh, wenn ich hier endlich draußen bin, und ich weiß, dass ich danach am liebsten nichts mehr von all dem hören und sehen will.

Das ist natürlich auch etwas anderes. Wer immer hier arbeitet, hat daneben auch noch ein Leben. Ich "arbeite", wohne, lebe hier - und es wird mir schön langsam zu viel. Nein, eigentlich ist es mir schon lang zu viel, aber es nützt ja sowieso nix, also was solls.

Hey, das klingt ja ziemlich niedergeschlagen, und dabei hab ich doch wirklich fast nur Gutes zu berichten. Schaut euch bloß das mal an:

...
Okay, klappt schon wieder nicht. Hier sollte ein Video sein, das Aaron beim gestrigen Herumtollen mit seiner Schwester im RMcD-Haus zeigt. Der Charity-Laptop, den ich mir hier ausgeborgt habe - ich bin heut schon im RMcD-Haus - kann die SD-Card der Kamera nicht lesen. Dann muss ich sie morgen eben nochmal mit hinüber nehmen.

Aaron ist jetzt fast den ganzen Tag herüben, und das Zurückgehen auf die Station am Abend ist eigentlich kein Problem mehr. Es geht ihm nicht immer so gut, dass er herumtollen kann. Oft hat er Bauchweh und/oder es ist ihm schlecht, dann liegt er nur am Bett und schaut z.B. Pumuckl auf YouTube und ich denk mir, das hätt er drüben auch tum können. Aber dann taut er irgendwann doch wieder auf und läuft kurz rum oder spielt eine halbe Stunde mit mir im Spielzimmer. Übelkeit und Erbrechen haben wir trotz verschiedener Medikamente immer noch nicht ganz im Griff. Außerdem hatte Aaron zwei Tage keinen Stuhl, und heute wahrscheinlich schon allein deswegen ziemlich Bauchweh, vor allem als er dann endlich musste.

Die Ärztin hat mir heute erklärt, dass sie derartige Verdauungsprobleme vor allem bei kleinen Kindern nach Transplant häufig beobachten. Das ganze Verdauungssystem ist durch die Chemotherapie (und sonstige Medikamente) derart gestört, dass es eine Weile dauern kann, bis es wieder funktioniert. Positiv sehen die Ärzte, dass Aaron im Prinzip mit Appetit isst, wenn ihm grad nicht übel ist. Das wenigstens hat er nicht verlernt.