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Donnerstag, 8. April 2010

Sanfter Start in den härtesten Chemo-Block

2010_04_08

Heute können wir uns gleich aus mehreren Gründen wirklich freuen.
1) Es ist uns gelungen von Ende des dritten Therapieblocks bis zum Start des vierten zu Hause zu bleiben (jeden zweiten Tag in der Tagesklinik natürlich, aber nur ein einziges Mal über Nacht).
2) Aaron kennt sich hier schon so gut aus und hat keine Angst mehr, sodass er heute Vormittag zu den Punktionen selbst in den Behandlungsraum hinübermarschiert ist, und zwar in einem Tempo, dass ich mit dem Infusionsständer kaum hinten nach kam. Er hat dort für Erheiterung gesorgt, weil er so selbstbewusst daherstapfte und sich extra für diesen "Auftritt" noch die coole Sonnenbrille aufgesetzt hatte. Die Propofol-Spritze (Narkose-Mittel) drückte er sich auch noch selber in den Katheder.
3) Ergebnis der Knochenmarkspunktion sehr schön. Keine Krebszellen sichtbar!
4) Und das ist das Erstaunlichste: Aaron hatte heute Vormittag Lumbalpunktion und am Nachmittag die erste der sechs 3stündigen Infusionen, und es ist ihm nicht schlecht geworden. Er hat sogar mit Appetit gegessen.

Das mit dem Appetit ist eine komische Sache. In meinem letzten Eintrag schrieb ich, er isst und nascht, ... Nun, das galt nur für Sonntag. Schon am Ostermontag legte er wieder einen "Fasttag" ein. Er hatte einfach "keinen Hunger", und nicht mal sein Osternest konnte ihn locken. Das einzig Feste, das er zu sich nahm, war ein Milchbrei-Fläschen, und das kam postwendend wieder zurück, weil ihm vor dem Medikament Eusaprim so grauste, dass er es einfach nicht behalten konnte. Den restlichen Tag hat er nur Wasser getrunken. Auch am Dienstag aß er so gut wie nichts und erbrach seine Medikamente. Das Sporanox, das ihn immer schon richtig geschüttelt hat, mische ich ihm ja schon lange mit Himbeer-Sirup, so geht's meistens recht gut. Eusaprim hat so einen künstlichen Bananengeschmack, der am Anfang vielleicht sogar ganz gut war, ihm aber jetzt schon so zum Hals raushängt, dass er es beim besten Willen einfach nicht mehr hinunterbringt, d.h. er schluckt's schon brav, aber es kommt zurück. Einen Tag lang half es, den Saft mit Instant-Kakao anzurühren, dann war es wieder das selbe. Am Mittwoch in der Tagesklinik gab mir die Schwester statt der Suspension eine Tablette, die Aaron zwar zerkaute, aber dann trotzdem brav schluckte. Das hat geklappt.

Gestern war übrigens ein anstrengender Tag in der Tagesklinik.
1) Es wurde das Katheder-Pflaster gewechselt (Wenn ich gewusst hätte, dass er heute schon Narkose bekommt, hätten wir uns das ersparen können, aber ein großes Drama war es diesmal eigentlich nicht, nur eben eine nicht geringe Aufregung.
2) Er musste zum EEG - Gehirnströme messen. Das war aufregend, aber auch recht lustig, da gibt's ganz viel zum Anschauen. Aaron hatte sich sehr gut gemerkt, welche Spielsachen sie ihm letztes Mal gezeigt hatte und sagte ihr ganz genau aus welcher Schublade sie was als nächstes herausholen sollte.
3) Die gefürchtete Trombose-Spritze. Ein ziemliches Theater, aber Gott sei Dank gibt es in der Tagesklinik noch einige "Pens", also Spritzen, die wie Stifte aussehen und perfekt sanft stechen. Diese sind in der Herstellung allerdings wohl zu teuer, denn sie werden nicht mehr produziert, weshalb Aaron das Medikament die letzten Male mit einer herkömmlichen Spritze verabreicht bekam, vor der er sich wirklich fürchtet. Schlimm ist für ihn ja schon das Kleben (und erst recht das wieder Ablösen) des Emla-(Zauber-)Pflasters, das die Haut oberflächlich betäubt. Er war aber recht mutig und hat sich das Pflaster sogar recht schnell selber heruntergezogen.
4) Herz-Echo: eine Ultraschall-Untersuchung, zu der wir wieder ins andere Gebäude zu einem anderen Arzt gehen mussten, und bei der er zu allem Unglück auch noch das Shirt ausziehen muss und der Schallkopf gefährlich in Katheder-Nähe kommt.
5) aber das wenigstens gleich anschließend und nur ein Zimmer weiter: EKG. Die Klammern auf Arme und Beine hat sich Aaron schon selber montiert (eigentlich ein Farb-Zuordnungs-Spiel; rote Klammer - rotes Kabel, ...), aber die 6 Klebe-Kontakte rund um den Katheder sind ihm immer noch nicht ganz geheuer.

Für Aaron war also der gestrige Tag recht stressig, aber ich war sehr froh, dass wir all diese Untersuchungstermine so schnell bekommen haben und noch einmal nach Hause fahren durften. Miriam hat kommende Woche mehrere Prüfungen und brauchte meine Unterstützung - vor allem seelisch. Außerdem konnte ich sie so selber ins Ballett bringen. Es war auch angenehm, die gepackten Taschen noch einmal überprüfen zu können und deren Inhalt zu aktualisieren, damit wir auch wirklich alles haben, was wir hier brauchen. Heute früh musste Aaron nüchtern erscheinen und am 10h war schon der Termin für die Punktionen. Da er ja insgesammt 5 Chemo-Therapie-Blöcke bekommt, habe ich ihm gestern Abend vor dem Einschlafen noch einmal mit den fünf Fingern seiner Hand gezeigt, dass er drei davon bereits überstanden hat. Jetzt ist also der Ringfinger dran, und dann trennt uns ja nur noch der kleine Finger vom Ziel, das da heißt, "Ich bin gesund".

Mir ist schon klar, dass ich bei dieser Rechnung die (18?) Bestrahlungen nicht berücksichtigt habe, die uns danach noch bevorstehen. Allerdings weiß ich darüber selber noch zu wenig, als dass ich ihm viel sagen könnte. Und natürlich hab ich auch nicht erwähnt, dass trotz dieser ganzen Therapie immer noch 30% der Kinder einen Rückfall erleiden. Das braucht er auch noch nicht zu wissen. Das liegt hinter unserem Ziel. An das denk ich noch nicht mal selber. Wozu auch. Jetzt ist mal der "Ringfinger" dran. Und wenn wir den geschafft haben, dürfen wir wieder heim. Ein Atemzug, ein Schritt, ein Besenstrich, ...

Meiner Tochter war heute in der Schule schlecht. "Und Kopfweh hatte ich auch, und dann wollte ich einfach nur noch Heim." Sie ist eine Stunde früher heimgefahren. Fein, dass mein Vater heute da war. Ich denke, der hat sie wieder aufgebaut. Sie hat diesen Sonntag Geburtstag. Aaron wird im Spital sein. So hat sie sich das nicht geünscht. Aber morgen kommt die Omi aus Tirol, und die Party (Wenn Aaron dann wieder zu Hause ist, wird es wohl ein Kino- und Pizzeria-Besuch werden.) haben wir um eine Woche verschieben können.

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