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Donnerstag, 23. Dezember 2010

doch nicht

Am Mittwoch, den 22.12. hält Aarons gute Laune vorerst an, bis die Ärzte kommen. Sie bitten Aaron, der gerade mit mir am Tisch Lotti Karotti spielt, sich ins Bett zu legen. Sie haben ein Thrombozytenkonzentrat gebracht. Damit habe ich gerechnet. Gestern hatte Aaron nur noch 24 ooo Thrombos, und wenn der Wert unter 20 ooo sinkt, braucht er eine Konserve. Wenn sie uns wirklich bis 25. heimschicken wollen, dann war mir klar, dass er vorher noch Thrombos brauchen würde. "Aaron schau," sag ich deshalb, "du bekommst noch Thrombos, die brauchst du, sonst können wir nicht nach Hause fahren." Betretenes Schweigen des jungen Arztes. Die Schwester schaut mich an und fragt: "Haben Sie den Blutbefund schon gesehen?" Hatte ich nicht. "Na, ich kenn ihn schon," sagt sie, und nach einer kleinen Pause, "die Leukos sind auf null, null komma null sechs, um genau zu sein." - "Au weh!" mir ist gleich klar, was das heißt. Dem Aaron offenbar auch, er zieht sich sein Schmusetuch über den Kopf und ist ganz still, "nicht da". "Frau Dr Kronberger wird dann noch mit Ihnen sprechen," stammelt der junge Arzt verlegen, "Wir finden sicherlich eine Lösung." Die Schwester, sie kennt mich schon gut, schüttelt den Kopf und sagt, "Ihr werdet es hier auch schön haben." Der Arzt erklärt noch, dass es bei einem Rezidiv eben schwer abzuschätzen sei, wie schnell die Werte nach der Chemo sinken, normalesweise sei der Nullpunkt eher erst nach dem 10. Tag zu erwarten, heute ist der 7. Dann ist er weg. Es ist ihm peinlich. Dabei kann er doch gar nichts dafür.

"Hast du gehört, Aaron?" frage ich das Kind unterm Tuch, "Du hast gar keine Leukos mehr, da ist es jetzt für dich zu gefährlich, nach Hause zu fahren. Aber es werden alle zu uns kommen, und wir werden hier Weihnachten feiern. - Sei nicht traurig. Weihnachten wird trotzdem schön." Ich setzte mich zu ihm. Keine Reaktion, kein Ton, kein Protest, kein Weinen. Ich plaudere mit der Schwester, während wir zusehen, wie die Thrombos (heute mit Höchstgeschwindigkeit) durch den Infusionsschlauch tropfen. Ich frage nach Schwester Franziska und bekomme die Auskunft, dass sie eine Woche auf Urlaub war und am 24. Dienst hat. Wenigstens das freut mich. Ich hab sie schon vermisst. Nach ca. 5 Minuten taucht Aaron wieder auf. "Kommen alle zu mir? Der Simon, und die Miriam, und der Papa? Und bleibst du auch da?" will er wissen, und später noch: "Und gibt es ganz viele Packerl?" Am Abend vor dem Einschlafen sagt er dann: "Ich freu mich schon so."

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