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Montag, 21. März 2011

Fortsätzung traumatischer nächtlicher Ereignisse

Der Sonntag verlief relativ ruhig. Nachmittag ging sich sogar ein zweistündiges Nickerchen aus. Eigentlich hatte ich vorgehabt, mit Miriam ins Schwimmbad zu gehen, aber sie sah ein, dass ich unter diesen Umständen den Schlaf dringender brauchte. Sie wollte trotzdem bei mir bleiben, auch wenn sie die meiste Zeit allein im Ronald McDonald Haus war. Ich hab mit ihr zu Mittag gegessen und ihr eine Aufgabe für die Englisch SA gestellt, die ich später korrigierte. Während ich schlief, hielt sie sich im Spielzimmer auf. Ich schlief wie ein Stein.

Aaron ging es gar nicht gut. Ihm war den ganzen Tag über schlecht, obwohl er kaum erbrochen hat, eigentlich nur ein mal ein wenig Schleim. Wo er sich früher kurz und heftig übergeben hatte und gleich danach wieder lustig war, saß er jetzt stundenlang da und würgte immer wieder trocken, ohne sich übergeben zu können. Klar, er hat auch nichts gegessen oder getrunken, außer zwei mal 100 ml Moro-Suppe. (Von der ist ein Teil wieder gekommen.) Auch er war völlig übermüdet, konnte aber lang nicht einschlafen weil ihm immer sofort schlecht wurde, sobald er sich hinlegte. Außerdem klagte er immer wieder über Bauchschmerzen, die wir mit heißen Wickeln bekämpften. Und das Bein mit dem Venflon schmerzte immer mehr. Dieses behandelten wir mit Coolpacks.

Am Abend sollte noch einmal Blut abgenommen werden, weil der Thrombozytenwert kontrolliert werden musste. Am Montag sollte die Katheder-OP stattfinden, wofür ein Mindestmaß an 60 000 Thrombozyten notwendig ist, am Morgen hatte er noch 65 000. Aus dem Venflon floss trotz der langen Bemühungen zweier Schwestern kein Tropfen Blut mehr. Diese Versuche des Blut abnehmens, inclusive Stauen des sowieso schon so schmerzhaften Beins waren hart für Aaron, erforderten seine ganze Geduld und Stärke. Danach wäre er am liebsten sofort eingeschlafen, er war doch schon soo sehr müde! Allerdings musste der Venflon jetzt entfernt werden, weil sich schon rote Flecke am Bein gebildet hatten. Eigentlich war es ein guter Venflon gewesen, aber die Medikamente, die er bekommen hatte, so erklärte mir der Arzt, seien eben nicht gerade gut für eine perifer-Vene.

Nun musste also ein neuer Venflon gestochen werden. Erst einmal Emla-Pflaster kleben. Einwirken lassen. Und dann das Stechen. Es war Sonntag Nacht. Nicht alle Ärzte sind gleich geübt im Finden und Treffen winziger Kindervenen unter der Haut. Aaron war übermüdet und verkrampft, was die Venen auch nicht gerade lockerer macht. Kurz und schlecht: Es klappte einfach nicht. Trotz Emla hatte Aaron Schmerzen, während der Arzt mit der Nadel mehrfach die Vene am linken Fuß zu treffen versuchte. Es kam aber kein Blut. Zur Sicherheit hatten wir noch am linken Handrücken geklebt. Auch da probierte der Arzt eine Zeit lang herum. "Bitte, Blut, komm!" sagte Aaron. Er war so tapfer. Und so enttäuscht, als es auch da nicht klappte. So lang geduldig, so brav stillgehalten, und alles umsonst. Ein Venenzugang war aber unbedingt nötig. Aaron braucht viel Flüssigkeit nach den starken Medikamenten, die er bekommen hat, und Antibiotika warteten auch noch auf's angehängt werden. Also fragte der Arzt, ob wir nun wieder Emla kleben sollten oder es ohne versuchen. Da legte ich mich quer, und die Schwester stimmte mir sofort zu: Sicherlich nicht ohne die "Zaubersalbe"! Das hieß allerdings wieder etwa eine 3/4 Stunde warten, bis die Salbe wirkt. Aaron war schon total fertig, konnte aber in dieser Wartezeit auch nicht einschlafen. Und dann noch einmal stechen, diesmal an der Innenseite des linken Handgelenks. Da hatte der Arzt eine Vene gefunden, die zwar wirklich winzig war, sich aber direkt unter der Hautoberfläche befand und so gut zu sehen (und zu treffen) war. Es war mir während der Wartezeit zumindest gelungen, Aaron zu beruhigen, sodass er den neuerlichen Versuch sehr entspannt über sich ergehen ließ, und diesmal klappte es auch auf Anhieb. Für die winzige Vene konnte der Arzt zwar nur einen ganz kleinen Venflon verwenden, (Die Schwester war skeptisch, ob der reichen würde.) aber es tropfte danach wenigstens langsam aber stätig Blut in das Röhrchen, und die Infusionen konnten wieder gestartet werden. Ganz wohl war mir nicht dabei, als ich mir vorstellte, wie die Medikamente und die Flüssigkeit in die dünne Vene gepresst würden, aber es blieb uns nun nichts anderes übrig als zu hoffen, dass es bis zur OP am nächsten Tag halten würde. (Das tat es dann Gott sei Danke auch.)

Die ganze Prozedur hatte fast die halbe Nacht gedauert, auf jeden Fall war es Mitternacht, bis Aaron danach endlich eingeschlafen war. Er hatte auch Angst, wollte, dass ich neben ihm am Liegestuhl schlafe. Nachdem er eingeschlafen war, ging ich was essen, und war noch angekleidet, als das Telefon klingelte und die Nachtschwester mir mitteilte, dass Aaron mich noch einmal bräuchte. Die traumatischen Ereignisse dieser beiden Nächte haben ihm offensichtlich das neu gewonnene Vertrauen wieder genommen - wie auch nicht. Ich war ziemlich sauer, als mich eine andere Nachtschwester fragte, ob Aaron "immer solche Probleme beim Schlafen" hätte. Hab das aber, glaube ich, nicht gezeigt. Als ich die Station wieder verließ, war es drei Uhr früh, wieder nur 3 1/2 Stunden Schlaf für mich. In der vorigen Nacht 1 Stunde und zwei am Nachmittag ... lang halt ich das nicht mehr durch.

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